„Takt ist die Fähigkeit, andere so zu beschreiben, wie sie sich selbst sehen.“ Abraham Lincoln



Welcome to my Reality!

Reykjavik 2010 – Der Himmel war grau. Ab und zu regnete es. In der Fußgängerzone tummelten sich vorwiegend Besucher der Stadt. Auf seine große Chance hoffte er wohl, als die mehr als zweitausend Touristen vom Schiff kamen, auch um ortsübliche Souvenirs zu finden. Als ich vor zwei Jahren das erste Mal in dieser Stadt war, hatte ich mich in sie eingelesen.
Kristof Magnussons Roman „Zuhause“ lieferte mir so starke Bilder, dass ich in einem der Cafes, in denen sich die Romanfiguren trafen, ebenfalls einen Milchkaffee trank. Ich hatte Appetit auf Lakritz umhüllt mit Schokolade. Die Autos hörte ich durch die enge Hauptstraße fahren. Wenn sie auch nicht den Stau verursachten, von dem er berichtet hatte. Björk trafen wir in einer Boutique. Die Enten fand ich auch. Auf dem großen Teich am Rathaus. Und es war hell – ganz lange hell.

Sogar farblich passend zueinander zeigen sich am dem Ort auch Möwen und Touristen.
`08 schlenderte ich im Norden durch die nach faulen Eiern riechenden Schwefelfelder, tollte am Mückensee entlang und hörte lustige Geschichten am Godafoss. Im letzten Jahr habe ich mich in der Blauen Lagune geaalt, die Geysire spucken sehen und am Gullfoss die Wassermassen herunter donnern. Gefühlte unendlich viele Kilometer in einem Bus unterwegs lauschte ich den Geschichten der eingewanderten Reiseleiterin über die große Pleite des Landes. Für den Euro bekamen wir das Doppelte an Kronen als im Jahr zuvor. Fühlte sich nicht gut an, wenn es auch für uns günstiger war. Und in diesem Jahr steckten in den Postkartenständern Fotos vom Eyjafjallajökull. Aschewolke als Konsumgut. Heiterer wirkten die Isländer schon als im letzten Jahr.

Die Hallgrimskirkja war `10 wieder ohne Gewand und der Bau des Opernhauses läuft weiter. Kopfschüttelnd nehmen viele Bewohner das hin. Den einen oder anderen zynischen Blick oder Kommentar haben sie schon parat.

Und als ich einen Enddreißger fragte, was seine Lehre aus der Pleite sei, antwortete er: „Ich habe drei Kinder – und die sollen jetzt in dem Bewusstsein aufwachsen, dass man Dinge erst dann kaufen soll, wenn man das Geld dafür hat.“ Vor der Pleite hehörten ihm mal 40% seines Hauses. Jetzt sind es gerade mal noch 10%.
Auf den Schiffen, die uns `08 und `09 dort hin brachten, las ich aus dem Buch „Elfe im Schlafsack“ von Wolfgang Müller vor. Diese Geschichten eignen sich großartig , wenn all die Eindrücke und Informationen, die einen auf der Reise durch dieses Land ereilen, einen wirklich originellen Kontext brauchen. Und wer sich dann noch zum Thema „Gender“ Gedanken machen möchte, kann hier erfahren, wie sich das Odinshühnchen seinen Job eingehandelt hat 🙂
Sollte sich jemand über diese Stadt und dieses (Is)Land anders als über einen Reiseführer schlau machen wollen: Für alle, die hin wollen oder die von da zurück kommen!
Wolfgang Müller: Neues von der Elfenfront: Die Wahrheit über Island
Wolfgang Müller: Die Elfe im Schlafsack
Rudolf Habringer: Die Islandpassion

Und jetzt feiere ich den „Tag des Kaffees“. Prost Latte!
Impressionen aus dem Sommer 2010.
Danke an Sabine van Baaren und Mark Joggerst für „Open your eyes“ – auf der CD „Remember who you are“
Bisher bin ich in diese Stadt gefahren, um einfach los zu laufen, zu erleben, stehen zu bleiben und schauen, egal welches Wetter mir/ uns sich bot. Diesmal war ich mit Freunden unterwegs, die das erste Mal diese Stadt besuchten. Auf dem Plan standen die Attraktionen empfohlen von Reiseführern und ADAC.

Eine sensationelle Entdeckung war das Hotel Super 8 in North Bergen. Wenn ich auch drei Tage zuvor mindestens eine Stunde am Telefon gehangen habe, um das zu reservieren. Hat sich gelohnt. Das Auto steht dort kostenfrei während des Aufenthaltes. Eine echte Errungenschaft, wenn man die „Special Price“ Angebote für das Parken in Manhattan bedenkt. Direkt am Lincoln Tunnel auf der Seite NJ`s fährt vom Hotel ein Bus bis zum Bus Terminal in die 42 th/ Ecke 8th Ave- und das $ 2,50. NYC war heiß. Sticky Fluids tropften aus den Air Condition Anlagen der Stadt, Massen von Touristen wälzten sich durch die sommerheiße Innenstadt von Manhattan. Am liebsten hätte ich dreimal am Tag geduscht.


Mit dem Boot rund um Manhattan, mit der Stretchlimo von der 42th zum Union Square ( ist mit 5 Personen genau so teuer, als wenn man den Bus nimmt), zu Fuß von da aus zum Flat Iron Building.

Nach der Cruise dann zum Battery Park,
um die Miss Liberty noch mal bei einem gemütlichen Kaltgetränk bewundern, bevor es zum Down Zero ging. Inzwischen war der Hunger der Gäste auf Steak und Fast Food weitgehend gestillt- jetzt mussten Nudeln her. Sie hatten in Boston schon ein Lokal namens „vapiano“ entdeckt und das war auch auf der Tour mit der Limousine unvergesslich entdeckt worden. Also – am Abend dorthin. Es hatte erst im Juli 2010 eröffnet. Lucky us! Lecker, lecker und vor allem: Moderate Portionen und Preise!
Der nächste Tag dann Kultur: MOMA am Morgen, dann Spaziergang durch den Central Park, vom Columbus Circle aus mit zum Shopping – es ist so schön kühl in den Geschäften – und zum Sonnenuntergang dann pünktlich auf das Top of the Rock, um endlich mal in Ruhe alles von oben zu betrachten, was ansonsten laut, stickig und ungepflegt wirkte.
Bei wunderbarem Licht präsentierte sich die Stadt bei guter Sicht.

Wir waren gerade früh genug, um die Sonne noch zu erleben, bevor sie hinter dicken Wolken verschwand.
Und dann galt es, die Aufträge zu erledigen, die sie von Freunden aus Deutschland auf dem Zettel hatten. Ab in den M&M Shop an den Time Square. Ein Kaufhaus voller Merchandising Artikel. Ich musste da raus. Und als dann auch die richtige Kappe von den Yankees gefunden war, kam wieder Hunger auf. Im Zentrum des Tourismus einen Platz zum Essen zu finden – unmöglich.
Bis wir vor dem „B.B.King“ standen und kurz verweilten- schließlich war ich mit Bluesfans unterwegs- und das benachbarte Restaurant „Lucille“entdeckten. (benannt nach der Lieblingsgitarre von B.B. King), Wir ergatterten dort einen Platz und verspeisten bei Live Musik unsere Nachos und Chicken.



Unbelievable. Ein krönender Abschluss.
Am nächsten Mittag fuhr ich bereits wieder mit Zug von NYC gen Albany, NY und die anderen gen Newark, um von dort aus nach Frankfurt zu fliegen. „Gut, dass wir New York zum Schluss gemacht haben.“ Exciting but exhausting! .-)
Tatsächlich geschafft: Nachdem ich am Freitag heile angekommen war, habe ich erst einmal ausgeschlafen. Dann das große Ereignis: STING in Saratoga Springs Performance Art Center: Ohne Tickets angereist ergatterten wir Karten für die fünfte Reihe. 🙂 Sehr sehr günstig! Jemand musste sie wohl unbedingt zehn Minuten vor Konzertbeginn loswerden. Lucky us.
Opening: “ The Shape of my Heart“ – English Man in New York – bleibt einfach Renner. Vor allem in New York State. Und die positive Spannung blieb bis zur letzten Sekunde . Zwischendurch, wenn mir mal gerade nicht die Tränen in die Augen schossen, betitelte ich das schmunzelnd als Begeisterungsstress. Seine Musik begleitet mich schon so lange – schon zu Police- Zeiten konnte ich nicht weghören. Seither begeistert , beruhigt, erinnert und erbaut sie mich. Einfach ein „geiler Typ“, dieser yogatreibende Träger des britischen Ritterordens und Umweltaktivist.
Whenever I say your Name – unbedingt lauschen 🙂
Zusammen mit dem Royal Symp
hony Concert Orchestra… unschlagbar…
Gespräch mit meinem Vater
Als ich unlängst in NRW war, besuchte ich meinen Vater. Musste mal wieder mit ihm reden. Ihm mal wieder erzählen, was mich bewegt. Wenn ich auch sicher bin, dass ich seine Antwort woanders suchen und finden werde, als an dem Platz, an dem ich ihn aufsuchte. In der Abendsonne stand ich vor dem großen Naturstein, auf dem nur am Morgen, wenn die Sonne darauf fällt, deutlich zu lesen ist: „Gott hat unter uns aufgerichtet das Wort von der Versöhnung.“ 2.Kor 5, 19
1986 hat er uns schon verlassen, ist eingeschlafen. Gerade mal 62 Jahre alt. Er hat sich am Tag zuvor noch versichert, dass es seinen Lieben, u.a. seiner Tochter und seinem ersten Enkel gut geht. Am nächsten Morgen war er schon da, wohin er sich gerufen fühlte. „Wenn der alte Herr mich da oben braucht, dann wird er mich schon holen“, hat er mal zu mir gesagt. Von großer Zuversicht war er meist – schon seines Berufes wegen. Auch wenn er schwer zu kämpfen hatte, um in seinen letzten Tagen noch wieder auf die eigenen Füße zu kommen. Da unterscheidet das Schicksal nicht zwischen Pfarrern und Nicht- Pfarrern. Ich war damals sauer auf ihn. Ich war erst 28 und hatte den Eindruck, dass wir nach Klärung klassischer Vater- Tochter -Dispute und Konflikte gerade hätten richtig loslegen können, hätten gemeinsam etwas auf die Beine stellen können. Dieser Abschied geht mir heute noch nach. Ich vermisse ihn noch immer, seinen- für viele unbequemen- Geist, seine Beweglichkeit im Herzen und im Hirn, sein Tempo, seine Anschauungen.
2005 lud mich eine befreundete Kollegin, mit der ich gerade an einem Buch arbeitete, nach Hiddensee ein. Wir residierten (besser kann ich es nicht sagen) in dem Haus der Familie Felsenstein. Abends lagen wir auf den Liegen unter dem Sternenhimmel und beobachteten Sternschnuppen. Irgendwann fragte Erika mich, was ich mir denn am meisten wünschte. Ich hörte mich selbst sehr spontan sagen:“Ich begegnete so gern noch mal meinem Vater.“ Schöner Wunsch, dachte ich selbst, registrierte für mich, dass ich mal wieder, noch immer sehr vermiss(t)e: Seine herausfordernden Gespräche und sogar die Streitereien und ganz einfach seine väterlichen Umarmungen und warmen Worte.
Am nächsten Tag schlenderten wir durch Kloster, passierten das Geburtshaus und den Grabstein von Palucca,
verweilten vor dem Grab von Gerhart Hauptmann, bevor wir die kleine Kirche enterten. Dank der kühlenden Luft in dem reich verzierten Kirchenschiff ließ ich mir mehr Zeit, als ich es normalerweise getan hätte. Kannte ich mich in Kirchenräumen doch aus. Schließlich war ich in solchen groß geworden.
Der letzte Blick fiel auf das „Nagelkreuz“. Wie ein Blitz durchfuhr es mich. Ich bekam Herzklopfen und wurde unruhig und konnte nicht glauben, was mich da überraschte. Mein Vater war Companion der Nagelkreuzgemeinschaft, der „Church of Reconciliation“ Coventry, GB. Ein entsprechender Geist wehte durch meinen, unseren Lebensraum, wo immer wir auch lebten. Noch tief beeindruckt versuchte ich Karten für das abends anstehende Konzert zu kaufen. Ausverkauft. So ein Mist. Abhalten lassen aber haben wir uns davon nicht. Platzierten uns auf der Wiese vor der Kirche. Deren Türen standen offen, weil es darin einfach zu warm war. Die vielen Menschen darin hatten all die kühle Luft schnell weg geatmet. So lauschten wir dem Chor und den Worten des Manfred Domrös von draußen. Gegen Ende, es wurde schon dunkel, hörte ich das Fürbittengebet der Nagelkreuzgemeinschaft. Als dann noch der „Mond ist aufgegangen“ angestimmt wurde, was es um mich geschehen. Keine 24 Stunden nach meinem geäußerten Wunsch, „begegnete“ ich „meinem Vater“, seinem Duktus, seinem Ansinnen.
Als ich mich nach dem Konzert bei dem Pfarrer vorstellte, wusste er sofort, wessen Tochter ich bin und berichtete umgehend, dass am Folgetage ein alter Freund auch meines Vaters seine Vertretung für vier Wochen übernehmen werde.
Ich war richtig durchgeschüttelt. Wenn ich also je in meinem Leben daran zweifeln sollte, dass meine Wurzeln stabil genug sind, um mich den Stürmen des Lebens auszusetzen ohne abzuknicken, dann fahre ich wieder dort hin – auf diese kleine, versöhnliche Insel Hiddensee! Intensivstation für die Seele! .-) Hier ist mir noch mal klar geworden, wie viele und welch starke Wurzeln mein Leben hat. Danke Erika! Danke Hiddensee! Dank an meinen Vater, dass er sich immer wieder zeigt.
Mittwoch, 14.7.2010 Hamburg Langenhorn. Abendsonne, Hitze und eine Weltmeisterin im Bogenschießen.
Networking mit Pfeil und Bogen
Ein wunderbarer Abend. Auf dem Navi gab es die Nummer 35 nicht. „Sprechenden Menschen kann geholfen werden“ dachte ich und fuhr einfach los. Der Satz „Umwege erhöhen die Ortskenntnis“ kam mir in den Sinn. Kurz vor dem Ziel war ich mehrfach von meinem Navi im Kreis geschickt worden – dadurch etwas spät waren die Parkplätze knapp. Mein „Scout“, eingesammelt auf den letzten Metern zum Sportplatz, hatte dann einen Roller umgestellt – und schon gab es einen Platz, an dem ich meinen Wagen für den Abend sicher abstellen konnte. So war schon der erste Kontakt geknüpft. Ich hatte kein Ticket ergattern können, um offiziell am Bogenschießen teilzunehmen. Und doch bekam ich noch die Chance, den Bogen in die Hand zu nehmen, ihn zu spannen und hochkonzentriert den Pfeil auf Blechbüchsen, Kunstoffkeiler, Platsikrehe und Scheiben abzuschießen. Welch ein Vergnügen- nicht nur das Bogenschießen selbst, sondern besonders das ständige Aushandeln und Tauschen der Bögen, das Radler und die Bratwurst, das schöne Wetter, die Punkte, die auf unseren Batches klebten. Das gemeinsame Rätseln darüber, wozu uns Steffen Ehlert einer Gruppe zugedacht hat. Ob Bild und Wort, ob Coach oder IT, ob Ton, Recht oder Zahlen – Querdenken war angesagt. Ein wunderbarer Wechsel zwischen Anspannen und Loslassen- sowohl wörtlich genommen als auch im übertragenen Sinne. Ein Networkingevent, bei dem das Wort allein nicht ausschlaggebend war. Es gab einfach viel zu sehen und zu beobachten, zu lachen, auszutauschen. Und schon am nächsten Tag waren gemeinsame Aktionen mit gezielt ausgewählten „Bogenschützen“ des Vorabends besprochen.:-)
Wie wunderbar.
Vielen Dank dafür an Steffen Ehlert und Annette Tunn plus Teams. Und ein spezielles Danke an Annettes Sohn Richard. Seit wir seine Kamera inspiziert haben, weiß ich, wie der Blitz an derselben funktioniert! .-) Dann noch zu wissen, dass der Erlös an soziale Projekte in Hamburg geht: Perfekt!
Fazit: Sofort und immer wieder!!!!!
Der Briefträger klingelte viel früher als sonst. Zumindest früher, als ich es von vor zwei Monaten gewohnt war. Ein Päckchen, dass er nicht einfach vor die Tür stellen wollte. Vielleicht hat er ja schon gerochen, dass sich darin ein, wenn auch jetzt noch kleines, Symbol für Gesundheit und Wandel versteckt. Selten genug, dass ich ein Paket selbst entgegennehmen kann. Leicht war es. Mit Vorsicht übergeben und neugierig geöffnet. Ein Grünling in einem Glasröhrchen mit Wasser! Zuletzt hatte ich solche Ableger von Pflanzen während meiner Studienzeit in der Hand oder aus ihnen wuchernde Pflanzen gezogen. Vor mehr als dreißig Jahren aber war es wichtig, dass es schnell und grün wurde, damit die Studentenbude in der WG nicht ungemütlich aussah.
Hier aber war ein hölzernes gelbes Herz beigelegt. Sie riecht gut. Ihr Name „Shivai“ macht es einfacher, sie als wichtig zu erachten. Nachschauen muss ich noch auf der dazugehörigen Seite, was der Name bedeutet. Zudem ist der Ableger der indischen Pflanze ein Geschenk, abgesandt noch zu einer Zeit, in der es mir gesundheitlich nicht so gut ging. Also nicht nur ein Geschenk, sondern auch ein Genesungswunsch, eine Aufgabe, eine Herzensangelegenheit 🙂 Und eine tolle Geschäftsidee, die dahinter steckt.
The Flower of Change : Ich sehe ihr mal beim Wurzeln Schlagen zu – und wenn sie groß genug ist, werde ich mich mit einem Ableger auch bei den Menschen bedanken, die sonst immer die Pakete und Päckchen für mich annehmen! .-)
Tja, da habe ich mich unlängst darüber ausgelassen, dass die Mormonen in SLC scheinbar so viel mehr Spaß am Heiraten haben als die Deutschen. Auf der Hochzeit meiner besten Freundin hier in Deutschland am letzten Wochenende dann fand ich genau diesen Spaß daran – und noch viel mehr. Schon komisch – vielleicht habe ich auch anders geschaut- geradezu danach gefahndet.
Ich jedenfalls teil(t)e die Freude beider Brautleute. Es hat die „Weddingplanner“ wohl einige Anstrengung gekostet, Menschen von Spielchen, Darbietungen, Entführungen und anderem das Fest störenden Kasparkram abzuhalten. Das hat sich gelohnt. Schließlich hassen wir ja unsere Freunde nicht. 🙂
Immer wieder hat mich die Frage ereilt, warum es so viel lustiger war als auf anderen Hochzeiten. Nicht, dass in der Kirche nicht ein ernstes Gesicht gezeigt wurde – beim Standesamt kurzfristig auch der Ernst der Entscheidung präsent war. Deutlich auch: Beide woll(t)en! Ohne Druck ohne Ansprüche! Einfach, weil es ihnen gut miteinander geht.
Der ganze Samstag war ein rauschendes Heiratsfest. Zum Standesamt eine andere Garderobe als für die Kirche – morgens noch selbst geschminkt, wurde nach dem erfolgreichen behördlichen Akt der kirchliche vorbereitet. Friseurin und Freunde halfen beim Ondulieren, Föhnen, Ankleiden, Aufhübschen – zwischendurch gab es Pizza und Salat. Der eine oder andere schlief noch mal eine Runde – in der Sonne oder im Schatten. Pünktlich zum Kirchgang dann in die Roben gestiegen – und für den Rest des Tages und bis in die Tiefe der Nacht mit gefühlten 200 C° unter dem langen Kleid gesungen, gelacht, in der Kirche gebetet, gegessen, getanzt, gratuliert, gedrückt, geladen, gedankt, sich gefreut und genossen, gesprochen. Oh ja, getrunken haben wir auch. 🙂
Was für ein wunderbares Fest, wenn glückliche Erwachsene heiraten 🙂 Es gab kein Muss auf dieser Hochzeit – lediglich hatte die Braut dem DJ verboten das Lied „Ein Stern, der deinen Namen trägt“ zu spielen. Als zu fortgeschrittener Stunde sich dann Gäste über das DJ Pult her machten konnte er nur noch resigniert den „Verzeih mir- Gang“ zur Braut antreten.
Das Schlimmste daran? Für mich? Die Tanzfläche war voll! Wie würde mein Sohn sagen: „Geht ja gar nicht!“ 🙂
Als wir am Tag danach dem spannenden Fußballspiel folgten, kursierte folgende kleine Geschichte 🙂
🙂 Es lebe die aufgeklärte Braut! 🙂
Ich weiß bis heute nicht, was die Mormonen so glücklich ersscheinen lässt. Ich weiß aber, was diese Hochzeitsgesellschaft glücklich gemacht hat: Jeder hat das, was er getan hat, auch wirklich gewollt. 🙂
Nachdem ich den Flieger nach Hamburg noch knapp bekommen habe, durfte ich sogar – upgraded to 3A – ohne Flügel im Blick in den Sonnenaufgang hinein fliegen.
Diesmal ist alles gut gegangen.
Panik hatte ich schon, als ich da in Albany wieder auf die Folter gespannt wurde – erinnerte ich mich doch an die zwei Tage, die ich im letzten Sommer auf Flughäfen und in Flugzeugen verbracht hatte, um letzlich ohne Gepäck daheim anzukommen. Bis ich da wieder vollständig war, waren mehr als 48 Stunden vergangen. Ich war wenigstens nicht allein unterwegs. Claudia aus Vermont, eine gebürtige Deutsche, wollte gemeinsam mit ihrem 10- jährigen Sohn in Hamburg ihrer Schwester bei der Geburt ihres Kindes beistehen. Der Junge nahm es eindeutig gelassener als wir zwei Frauen. Wie gern hätten wir es doch schneller hinter uns gebracht. Ihn hingegen amüsierte es geradezu, unerwartet in Paris zu landen. Dort versicherte man uns auch noch, mehr oder weniger glaubwürdig, unser Gepäck sei mir uns unterwegs. Falsch. Wie ließen die Servicedamen von der Gepäckermittlung in Fuhlsbüttel in dem Glauben, sie hätten uns mit dem Notfall T-Shirt und der Reisezahnbürste einen Gefallen getan.:-)
Aus dieser Zufallsbekanntschaft beim CheckIn entwickelte sich auf jeden Fall ein herzlicher Kontakt. Immerhin sollte ich noch wissen, ob es ein Mädchen oder ein Junge geworden ist. Als ich das nächste Mal von Albany aus, wieder traurig, abflog, überraschten wir uns einander wieder am CheckIn. Diesmal war der Anlass ihrer Reise nach Hamburg nicht so heiter. Sich von ihrem Vater zu verabschieden, ist glaube ich, für keine Tochter leicht. „Meine Freundin hat gesagt, du seiest mein Engel!“, stand in der ersten Mail, nachdem sie alles überstanden hatte. Auf dem Flug wurde sie unverhofft in der Business Class platziert. Offensichtlich findet sich dann doch, wonach einem so zumute ist. Einfach dran glauben! 🙂
Red Hook, NY – Wendy Ewald
Kamera, Stift und Zutrauen – Wie Kinder ihre ganz eigene Welt dokumentieren
Es regnete aus allen Eimern.
Das GPS wusste nicht, dass die Straße nach Red Hook, NY gesperrt war. Und so tourte ich auf eigene Faust einen Umweg. Zehn Minuten Verspätung brachte mir die Fahrt durch die Berge östlich des Hudsons gen Süden ein. An den Straßenrändern standen so viele „For Sale“ Schilder, wie ich sie in der Menge nur in der Zeit während meines ersten Amerika-Urlaubs nach dem Credit Crunch gesehen hatte. Sogar das 21. Jahrhundert war zum Verkauf. Die meisten Restaurants an der Route 9 waren vernagelt, andere angbeoten zur Vermietung. Wenig optimistisch anmutend, verregnet aber sattgrün – und mitten drin: Ich in dem alten Volvo, den ich mir geliehen habe, um Wendy Ewald in ihren privaten Gefilden mitten im Wald aufzusuchen.
Sie war zu müde am letzten Sonntag, Jetlag plagte sie. Sie war gerade erst von ihrem letzten Projekt aus Israel zurück. Auf den letzten Metern der Schotterstrecke in Richtung der angegebenen Adresse hatte ich noch die Vorstellung einer Blockhütte und dachte an so etwas wie einen Sommersitz zum Ausruhen. Vor ihrem Haus angelangt wurde ich eines Besseren belehrt. Der Basketballkorb auf dem Parkplatz deutete auf Kinder. In Gummistiefeln begegnete mir der erstaunte Ehemann und verwies mich auf Nachfrage in den rechten Flügel des riesigen Hauses. Wie im Traum war ich in einer Lichtung gelandet. Bei der selbstgemachten Limonade stellte sich auch schnell heraus, dass das Haus relativ neu und von dem Fotografenehepaar höchst persönlich geplant ist. Zentrum des Hauses:
Ein 60 Quadratmeter großer Raum mit einem Glasdach – schräg – damit im Winter der Schnee schnell schmelzen und herunter rutschen kann. Neben dem großen Tisch eine Art offenes Gewächshaus. Rund um das Haus Wald. Im Winter wäre das sicherlich sehr dunkel geworden. Das können natürlich Spezialisten für Licht nicht dulden. Und so haben sie sich vor vier Jahren diesen Traum erfüllt. Vom Tresen in der großen Küche zogen wir zum Gespräch in die Familienecke um. Aufstehen, zehn Meter entlang der Fensterfront gehen und wieder hinhocken. Es sei nicht „In the Middle of Nowhere“ scherzt Wendy. Es gäbe noch mehr „Nowhere“ in dieser Gegend, in der sie seit knapp zwanzig Jahren schon lebe.
Geboren ist sie 1951 in der Nähe von Detroit, wollte schon immer Fotografin werden. An der Wand hängt das Bild der Hand der Highschool- Lehrerin, die sie maßgeblich inspiriert hat.
Eine große Auswahl an Projekten präsentiert sie mir. Der fotografische Blick und das Schreiben sind ihre „Tools“, ihr Handwerkszeug. Mit dem verschafft sie für Kinder ab dem sechsten Lebensjahr z.B. den Blick auf deren eigenen Körper – „The Best Part of me“. Sie bietet Kindern in und aus aller Welt das Abbild ihres sozialen Umfeldes, deren guten und schlechten Träumen “Secret Games“. Mit dem Buch „Geheime Spiele“ hat sie es auch in deutschsprachige Gefilde geschafft. Stuttgart hat ihre Fotos ausgestellt – die Kuratoren jedoch haben kein Geld zusammen bekommen, um ein solches Projekt in Deutschland zu starten. Auch in Winterthur in der Schweiz beeindruckte sie. Als ich im Netz stöberte, um herauszufinden, wo überall sie schon aktiv war, fand ich für Deutschland nur diese eine Ausstellung – wirklich verwundert hat es mich nicht. Noch habe ich wenig Deutsche erlebt, die sich dem subjektiven Blick der Kinder stellen (wollen) und dafür auch noch Geld locker machen.
Was aber war ihre Motivation für das Buch „The Best Part of me“?
Mal ab davon, dass es ihr einziges Buch auch FÜR Kinder gewesen sei – gedankenverloren betrachtet sie das Hardcover und streicht versonnen über den Titel – sei zu der Zeit ein wahnsinniger Hype um das Thema „Kinderpornographie“ gewesen. Sie hat den Spieß umgedreht, und die Kinder entscheiden lassen, was sie von sich selbst abbilden und veröffentlichen wollen. Die Kleinen haben sehr konkret ihren eigenen Körper betrachtet, an ihrem Selbstbild gearbeitet – die Pubertierenden, wirft sie ein, hätten Gegenstände favorisiert, die sie dann auf ihren Füßen, Armen, Kopf oder Bauch platziert hätten. So hat sie entschieden, das Buch mit den Jüngeren zu produzieren – und auch für diese. Ihr heute 14- jähriger Sohn habe immer wieder stolz das Buch in der Schule herumgezeigt, berichtet sie schmunzelnd. Sie nutzt das Fotografieren und den Blick vor allem, um daran und damit zu arbeiten, darüber zu sprechen und zu schreiben. Zu analogen Zeiten ist auch die Dunkelkammer ein wichtiger Ort für den Prozess gewesen. Dort hätten Kinder aller Ehtnien gemeinsam arbeiten können, unbeaufsichtigt, nicht kontrolliert – im Dunkeln eben – etwas, was sie bei Tageslicht und damit offensichtlich vielleicht gar nicht getan hätten. Ja, die analogen Zeiten – sie sinniert darüber, dass Buch „I wonna take me a Picture“ nun gemeinsam mit Kollegen zu überarbeiten. Denn Fotografieren und Schreiben sollten alle Kinder lernen- anders vor allem auch, als sie das Formulieren in der Schule bisher lernen. Den digitalen Zeiten ist halt nicht mehr zu entrinnen.
Es musste auch schon mal „schnell gehen“. Wie bei ihrem Projekt in dem Küstendorf Margate in der südöstlichen Ecke von Kent, GB. Dafür nutzte sie Polaroidkameras. Sie wusste nämlich nicht, wie lange die Kinder und Familien in den ehemaligen Hotels der alten Badestrände noch verweilten. Grund: Dort landeten Menschen auf der Flucht aus ihrem Heimatland, um ein neues, hoffentlich friedliche(re)s Leben zu beginnen. In der Grundschule des Ortes wechselten ca. 50% der Schüler jährlich. Welche Auswirkungen das Kommen und Gehen auf die Kinder hat, wollte sie unbedingt wissen. Tat sich mit „Art Angel“ in England zusammen und arbeitete mit den Jungen und Mädchen, die sich, weil nicht in der Schule, tagsüber in eigens für sie eingerichteten Zentren aufhielten. Da sie aber alle nur ihre Muttersprache beherrschten, konnten die Flüchtlinge aus Irak, Afghanistan, Südafrika, Nordvietnam, Kongo und Sudan sich nicht einmal untereinander verständigen. Es gab auch nichts zu tun für sie. Wendy engagierte Übersetzer für alle sechs Sprachen. Sie wollte den Kindern etwas anbieten, das Spaß macht und gleichermaßen die Chance birgt, ihre lange Reise und ihr Leben bis dahin zu reflektieren. Sie fassten Vertrauen, nachdem sie begriffen hatten, dass diesmal die Übersetzer nicht dazu da waren, um über ihre potenzielle Einbürgerung zu sprechen.
Sie suchten Gegenstände zusammen, mit denen sie ein Stillleben produzierten. Gegenstände, die ihnen aus der Heimat geblieben waren, Gegenstände, die sie an Eltern oder ihr Heimatdorf, an Helfer oder Freunde erinnerten und durch die Zeit trugen. Die Kinder wählten Fotos von ihrem Hinterkopf und von ihrem Gesicht- und bearbeiteten die Polaroids. Schrieben rund herum ihre wichtigsten Gedanken zu ihrer Situation. Je drei bearbeitete Bilder pro Kind wurden überlebensgroß an der Steilküste Dovers ausgestellt – so dass die Öffentlichkeit teilhaben konnte an dem zerrissenen Leben der Kinder aus Margate.
Das Gesichter schauten auf das Wasser, der „Blick“ des Fotos ihrer Hinterköpfe auf das Land gerichtet, in dem sie gerade leben. In der Mitte das Stillleben – ebenfalls gleicher Größe. Wenn Zuschauer auf das Bild des Asylsuchenden 11 Jährigen aus Belarus sahen, konnten sie lesen: „Es geschah, dass ich meine wunderbare Stadt verlassen musste!“ Allerdings – resümierte sie schon während ihres Vortrages am Sonntag traurig und entsetzt- sei der Zeitpunkt denkbar schlecht gewesen. In London hatten Terroristen ein paar Tage zuvor den Anschlag in der U-Bahn verübt – und in Margate zerstörten darauf hin Menschen die zwei Bilder des südafrikanischen Mädchens mit Feuer. Sie hatte auf ihrem Stillleben abgebildet: Flip Flops und „The Principles of Islam“.
„Es ist wichtig, die Welt nicht nur die Linse geübter Fotografen zu sehen. Sondern vor allem durch die der Menschen, die die Dinge erleben, die sie fotografieren!“ Man gebe bitte Kindern Stift und Kamera in die Hand. Sie können auf diese Weise herausfinden und dokumentieren, was in ihrem Leben passiert. „Und wenn die Kulturen der Welt so durch Kinder „unterrichtet“ werden, dürfte das Analphabetentum bald Vergangenheit sein.“
Unterrichten müsse sie auch noch viel, sagt sie lachend. So ein Haus bezahle sich nicht von allein! Einen Gang durch dasselbe bekam ich noch. Auch in die
Dunkelkammer und den Lagerraum, in dem ich die Rollen der
Planen aus Dover entdeckte. Die Ewalds teilen sich das Labor mit anderen Fotografen aus der Gegend. Es frönen noch mehr Kollegen der analogen Fotografie. Hier ist sie, die sie ist. Viel wacher erscheint sie als am Sonntagabend. Ist wohl auch lieber im Gespräch als zu dozieren. Das Foto, das ich von ihr daheim geschossen habe, kommentierte sie: „Ich sehe eben besser aus in meiner eigenen Umgebung.“
Eins wurde mir zum Ende bewusst. Nicht umsonst bin ich so auf sie „angesprungen“. Meine Leidenschaft für Kinder, Sprache, Fotografieren und Bildung lebt sie als Person und in ihrer Arbeit.
Es wird nicht das letzte Mal gewesen sein, dass ich über diese Arbeit geschrieben habe.
Vielleicht der Auftakt, um auch in Deutschland „Migration“ mal anders zu betrachten oder betrachten zu lassen?
Das erste mal begegnete ich Peter im September 2008.
Die Suche nach einem Wagen hat uns ihn über den Weg geschickt. Den alten Mann, der nur alte Volvos verkauft. Aus Prinzip. Von denen hat er noch mehr. Und sein Hobby scheinen Volvos auch zu sein. Naja: Während er uns so miteinander sprechen hörte, registrierte er schnell, dass wir keine Eingeborenen, keine Native Speaker aus den Staaten sind. Hellwach war er in diesem Moment und begann zu erzählen: Seine Mutter war Deutsche, übersetzte zu Kriegszeiten technische Gebrauchsanweisungen für die Chemiebranche. Er hütet daheim noch Briefe, die mit dem Zeppelin in den Staaten landeten. Er will sie aber nicht lesen – und schon mal gar nicht verstehen. Er fürchtet, seine Mutter könnte eine Sympathisantin der Nazis gewesen sein.
Irgendwann fragte er mich, ob ich den Namen Göring kenne. Sehr erstaunt fragte ich ihn, ob er auch ein schöneres Kapitel unserer deutschen Geschichte habe, auf dass er sich zum Auftakt eines Gespräches beziehen könnte. Er lenkte aber sofort ein. Er war Nachbar der Großnichte dieses Kriegsverbrechers Göring. Ist mit ihr befreundet – auch über die Meilen hinweg. Santa Fe war das Stichwort – und jedesmal, wenn er es vernahm bei den folgenden Gesprächen, schon plauderte er drauf los. Meine Neugier war geweckt.

Zu sprechen war er allerdings doch eher selten. Der Grund, warum mein Freund hier sein Auto erst vier Wochen nach Kaufzusage bekam: Er hat noch ein Vergnügen, dem er regelmäßig frönt. „Sheepdog-Trials“ – mir fiel dazu spontan nichts ein. Er schrieb mir eine URL auf einen Zettel. Schreiben war einfacher: er hört schlecht und ich verstehe ich nicht immer.
Der Hundetrainer mit auch holländischen Wurzeln tummelt sich den ganzen Sommer auf solchen „Sheepdog-Trials“- auf denen Menschen sich gemeinsam mit ihren Hunden im Schafehüten messen. Ich kannte bis dato nur Schweinchen Babe. Und als ich schüchtern dessen Namen erwähnte, brach er in Begeisterungsstürme aus. Der Film hatte wohl ganze Arbeit geleistet.
Eine Einladung zu seinem persönlich ausgerichteten Contest ließ nicht lange auf sich warten. Dass ich in meinem Urlaub, oder auch Leben, mal in Altamont, NY an einem komplett verregneten Tag bei dem Event Züchtern, Schafen und Hunden beim gemeinsamen Treiben zuschauen sollte, hatte was. Bewaffnet mit meiner Kamera trollten wir durch nasse Wiesen. Auch die Antwort auf die Frage, wozu diese Hunde eigentlich sonst noch so gut sind, fanden wir auf dem Parkplatz.
Zwar zuckten wir als Entenfreunde kurz – aber…
Auf der Rückfahrt noch eine Schildkröte vorm Überfahren gerettet, musste ein Burger gegen den Hunger dran glauben – und heißes, schwarzes Wasser mit Half&Half zum Aufwärmen. „Coffee“ nannten sie das Heißgetränk im „Homefront Cafe“ – dem inoffiziellen Kriegsmuseum gegenüber der Library im Zentrum Altamonts.
Und Frau Göring sollte ich dann auch noch kennen lernen – wenn auch erst später.
Woodstock. Das Woodstock in New York State.
Meine Jugend war bestimmt von Musik, Film und Geschichten über diesen legendären Ort. Als wir vor vier Wochen die Autobahn gen New York City unterwegs waren und das Hinweisschild „Woodstock / Saugerties“ erschien, bogen wir ungeplant ab. Da wollte ich schon immer mal sein. That`s what Sundays are for. Einfach gondeln. Anhalten, wenn einem danach zumute ist. So landeten wir in diesem sagenumwobenen Dorf. Die Zeit schien zurück gedreht. Jeder zweite Laden mutete wie ein Souverniershop aus den Siebzigern an: Batik T-Shirts mit Rockstars, von denen glaube ich keiner eines natürlichen Todes gestorben ist. Buddhas, Regenbogenflaggen, Räucherstäbchen- sogar Strampler mit Peacezeichen. Galerien mit esoterisch angehauchter Kunst. Mindestens drei Geschäfte auf der einkilometerlangen Hauptstraße durch das Centrum boten Gesundheitsschuhe an. Auf dem Marktplatz hockten Menschen mit Rucksäcken und Zelten. Im „Landau“- Restaurant stand ökologisch hergestellte Kartoffelsuppe auf der Karte. Nicht zu vergessen: Chicken Wings von freilaufenden Hühner. Kaum hatten wir uns zum Kaffee vor der „Whole Food“ Eisdiele niedergelassen, sprachen uns Einheimische an. „Übriggebliebene“ tauften wir sie. Eine Dame führte Kunststücke mit Kazoos vor, der nächste
empfahl eine Wanderung in den umliegenden Bergen, in denen er seit vierzig Jahren herumstreife. Um den von ihm favorisierten Sonnenaufgang erleben und ein entsprechendes Bild schießen zu können – er hatte unsere Kameras gesehen – hätten wir um drei Uhr morgens aufbrechen müssen.Viermal links, dreimal rechts, dann geradeaus und dann den Berg wieder runter stapfen müssen. Vorsicht gebot er beim Aufstieg an der elften Kreuzung – demonstrierte, wie er aus eigener Spucke Blasen produzieren kann. Ahhhhhhhhhhhh ja! Innerlich den Kopf schüttelnd resümierten wir: Was so ein Festival aus einem machen kann.

Einfach da sitzen und schauen.
Wir sollten sie auch alle wieder sehen! So viele schräge Gestalten, scheinbar happy, während eines Kaffees in der Sonne zu entdecken – oder besser von ihnen entdeckt zu werden-, hatten wir uns nicht ausgemalt.
Es war sehr erhellend.
Gewürdigt wird hier auch an jeder Ecke jemand.
Hundert Meter weiter dann entdeckten wir das Center for Photography. Der Fund des Tages. „Open“: Einladung genug, um die laufende Ausstellung noch zu sehen. Kunstwerke waren ausgestellt, die seit Jahren die Prospekte des Centrums als Deckblatt geschmückt hatten. In dem aktuellsten dieser Veranstaltungskalender fand ich auf der Rückfahrt den Hinweis auf den Workshop mit Sam Abell. Aufgeregt entschloss ich, gleich am nächsten Tag anzufragen, ob sich wohl noch ein Platz, bestenfalls zwei, darin frei sind. Immer nach dem Motto: Sprechenden Menschen kann geholfen werden, lautete die Antwort: „Yes! You wonna sign in?“ Ja, ich wollte. Und unsere geplante Reise in den Wilden Westen verkürzte sich um zwei Tage – allerdings um zwei wichtige! Ich liebe es, die Freiheit zu haben, zugreifen zu können, wenn sich Chancen bieten. #Chancenfinderin 🙂 Life is good!
Kaum Luft geholt von der einen Begegnung, schon steht die nächste beeindruckende an. Wieder im CPW , diesmal „nur“ auf einen Sonntag Abend, begegne ich Wendy Ewald. Klar, ich habe vorher, brav wie ich bin, recherchiert. Ich wusste, dass sie seit 40 Jahren durch die Welt reist, mit Kindern zusammen arbeitet, mit Familien und Kommunen. Als Fotografin, als Lehrerin, als Künstlerin. Dass sie mit Indianern und Indern, in England und Tansania, in Kentucky und Dover, in den Niederlanden und Israel Projekte begleitet hat. Ihr sind Natives genau so vertraut wie Flüchtlingskinder, Migranten so wert wie alle Hautfarben. Auch war herauszufinden, dass ihre Bilder in Stuttgart ausgestellt wurden – um die Jahrtausendwende. Warum sie in Deutschland kein Projekt gemacht hat bisher? Das weiß ich bis jetzt noch nicht. Sie hat mich eingeladen. Ich werde noch mehr von ihr hören und sehen als bei dem Vortrag, dem ich gelauscht habe und dessen Bilder mich umgehauen haben – nicht weil sie fotografisch so brilliant waren – sondern weil sie die Aufnahmen der Kinder sind: Die Aufnahmen einer Wirklichkeit, die mit einem romantisierenden Bild der „schönen Kindheit“ nichts zu tun haben. Wendy Ewald arbeitet gemeinsam mit den Kindern: Ihre Wirklichkeiten, Träume, die guten und die bösen, lässt sie die Kinder in deren Umfeld, ihren Familien mit der Kamera abbilden und macht ihnen Mut, sich so auszudrücken.
Mehr über den besonderen Weg der Wendy Ewald gern, wenn ich sie getroffen habe.

Sam Abells besonderer Blick auf die Welt hat mich schon lange fasziniert, gerührt. Unlängst ergab sich die Möglichkeit, an einem seiner Workshops teilzunehmen. Diese Chance habe ich genutzt. Mit Erfolg! Selten habe ich so gerührt, gestärkt, erstaunt und klar die nächsten Schritte vor mir gesehen wie nach diesen zwei Tagen. Awesome! 🙂
Ich habe Sam Abell den Caspar David Friedrich der Fotografie getauft. Er arbeitet mit Schichten: Backlayer, Expression, Gesture – fotografiert meistens mit der 35 mm – Linse. Und auf seinen Bildern ist immer Leben – die Stilleben „atmen“ und seine Aufnahmen von Chaos haben „Ruhe“. Er hat Geduld!
Vielschichtigkeit und Komplexität faszinieren mich eh – und ich lauschte gern den Entstehungsgeschichten seiner Bilder. Er ist in seinen Szenen. „Involvement“ nennt er das. Er ist einfach so – involviert, präzise, herzlich, gedankenvoll, wach, aufmerksam, respektvoll.
I am deeply grateful for this experience!
Sie posten so lange den ersten von ihnen vorgeschlagenen Post, bis ich ihn geändert habe.
Mehr als ein herzliches Hallo allerdings habe ich heute nicht zu schreiben.
Vielleicht doch:
Das Bild im Header ist eines meines Heimathafens. Dort befinden sich Office und Wohnsitz – mein Zuhause. Hamburg – meine Perle. Das Haupnest meiner Kleinfamilie.
Von hier aus toure ich durch die Welt – und erlebe sie: als Touristin, Counselor, Frau, Mutter, Freundin, Journalistin, Autorin oder Fotografin. Als Ulla begegne ich spannenden Menschen in faszinierenden Gegenden, lerne mit Weisen und bin im Dialog mit Suchenden, halte die Eindrücke mitunter fest – in Bild und Wort – wohl wissend, dass kein Foto und kein Text die Tiefe, die Komplexität und die Emotionen des Erlebens wirklich wiedergeben kann.
Welcome to my reality!