Sehnsucht oder so

„Was andere uns zutrauen, ist meist bezeichnender für sie als für uns.“Marie von Ebner-Eschenbach

Sehnsucht – ein Begriff, ein Phänomen, mit dem ich in diesem Jahr häufig konfrontiert bin. Immer wieder kommt das Gespräch darauf. Ja, nach was eigentlich? Eine gute Frage. Dass mir gerade viel wirklich fehlt…… kann ich momentan nicht überzeugend behaupten. Es gibt da diese namenlose Sehnsucht. Weniger bestimmt als ein Wunsch. Ein breiteres Gefühl aber. Umfassender und gleichzeitig konkreter als eine Hoffnung. Es ist die Sehnsucht nach dem, was ich mir in den letzten knapp vierzig Jahren beruflich erkämpft und gepflegt habe. Selbstbestimmtheit. Beweglichkeit. Maximale Bewegungsfreiheit. Und mit Corona ändert sich das gerade.

Besser gesagt: Mit den Wirkungen von Corona.

Bezahlte Aufträge fehlen mir. Es ist nicht so, dass es nichts zu tun gäbe: Die ersten Monate habe ich damit verbracht, Vorträge zu schaffen. Ich wusste ja, dass ich mit den fertigen Präsentationen auf die Schiffe gehen sollte – um entlang Norwegens Westküste Polarlichter zu „jagen“. Und später im Sommer die Destinationen zu erklettern, erwandern, erfahren. Dass ich meine geliebte Donau entlang hätte schippern sollen, dürfen. Und auch der Rhein wäre in diesem Jahr mal dran gewesen. Das am liebsten natürlich: gesund. Und eine tiefe Sehnsucht von mir: sorgenfrei. Sorgenarm reichte mir schon.

Die Vorträge werden leider nicht gebraucht. Anders als im letzten Jahr. Deshalb gibt es die eine oder andere Hilfe vom Staat. Überraschungen durch kurzsichtige Planungen staatsseitig inbegriffen. 🙂

Jetzt ist die Zeit dunkel. Der Tag kurz. Der Boden noch von goldenen Blättern verklebt. (Wenn ihn nicht mit Laubbläsern Bewaffnete dieser Pracht berauben.)

Gesund bin ich: soweit ich das selbst beurteilen kann. Ganz sorgenfrei natürlich nicht. Und das wird sich irgendwann legen. Habe ich beschlossen. 🙂

Für mich ist die Sehnsucht wohl etwas, was, kaum ist sie gefühlt, bemerkt oder benannt, mich wie eine Kompassnadel auf die Zukunft ausrichtet. Immer wieder mich neu erfinden lässt. Immer wieder mit anderen Teilen von mir in Kontakt bringt.

Wie eng sie mit Erwartungen verbunden sind zeigt sich, wenn aus der Hoffnung ein Wunsch wird – der ggf. auch nicht erfüllt wird. Ein dynamisches Geschehen eben. Und ich kann lernen, welche Erwartungen ich an andere hege, um zu realisieren, was für Pläne entstehen – aus der Sehnsucht, den Hoffnungen, den Wünschen. Eine Erkenntnis gibt es schon: Wenn ich andere brauche, um was zu verwirklichen, schrumpft ein Wunsch schnell. Hingegen bin ich zutiefst dankbar, wenn sich Unvermeidbares dank anderer leichter erledigen lässt. Ich fühle mich wirklich reich beschenkt mit Freunden und Freundinnen, mit denen gelingt, was sich sonst schwer oder schwierig anfühlt.

Spannend! Wirklich erhellend. Selten so viel Zeit gehabt, das zu reflektieren. 🙂

Und lausche derweil:

Erkennen

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Nebel – bereits am Morgen. Eine Einladung an mich selbst. Ganz leise ist es. Still und eingekehrt. Umhüllend, reflektierend, schützend – aber auch herausfordernd. Nichts, in was ich mich spiegeln könnte. Nichts, was mir begegnet –  außer mir selbst. Sonntags im Nebel – beseelt von der Hoffnung, er möge sich lichten, der Nebel um alles, was zu erkennen ich gewünscht habe. Der Tag ist nun um. Der Nebel noch nicht. Doch ich bin klarer mit mir als noch am Morgen. 🙂 Und da kommt doch ein alter Wunsch in mir hoch – der immer wiederkehrende:

 

 

Anstrengen

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„Wenn das Meer all seine Kräfte anstrengt, so kann es das Bild des Himmels gerade nicht spiegeln; auch nur die mindeste Bewegung, so spiegelt es den Himmel nicht rein; doch wenn es still wird und tief, senkt sich das Bild des Himmels in sein Nichts.“ Sören Kirkegaard

Zur Ruhe kommen – das ist eine schöne Idee und eine nützliche dazu.

Dann will ich mal.  🙂