So war das und so ist das

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„Kein Ende in Sicht auf Wegen voller Steine….“

Mein lieber Sohn – ja, das habe ich Dir versprochen.  Nichts hält mich auf. Herzlichen Glückwunsch zu Deinem Geburtstag!

Vergangenheit bleibt – doch.

Es sieht so aus, als wenn Schreddern ein sinniger Weg wäre (mal wieder), um mich im wahrsten Sinne des Wortes von meinen Altlasten zu befreien.

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Aber eben auch nur von meinen eigenen, ganz persönlichen. Ansonsten macht diese Aktion mehr als deutlich, dass das Leben mit einem schwerbehinderten Kind immer ein gemeinsames Leben bleibt. Da ist dieser mönströse, bis zum Anschlag gefüllte Ordner, dieser rote, auf dem steht: Johannes bis 96. Ich könnte eine Doku schreiben, oder so. Besser wäre es die Geschichte einer fremden Familie. SO grauselig fühlt sich das an, was darin dokumentiert ist: Briefwechsel mit Behilfestellen, Versorgungsämtern, Landschaftsverband, Sozialämtern, Krankenkassen, Versicherungen, Schulämtern, Anwälten, Gerichten, Schulen, Ärzten, Arbeitgebern, Medizinischen Diensten, Einrichtungen, Vereinen. Änderungsmitteilungen, Ablehnungen, Regulierungen: Kampfansagen, Widersprüche, Klagen. Und DEN Ordner kann ich nicht wegwerfen, da bis dato NIEMAND außer mir diese Entwicklung so kennt. Um das nachvollziehbar oder verstehbar zu machen, lasse ich den so, wie er ist – und die zwanzig folgenden Jahre verteile ich auf vier weitere Ordner. 🙂 Wäre das ein Roman, müsste ich noch eine Titel finden. So etwas wie: „Wir kommen so nicht vor!“ oder :“Das hatten wir so noch nicht“. Ich habe mich ja schon oft gefragt, wie ich das alles so „verpackt“ habe. Und noch immer habe ich keine Ahnung! Und es stellt sich mir lauter denn je die Frage: Was ist, wenn mir was passiert?
Mit einem Dank an alle bisherigen Mitstreiterinnen und Mitstreiter klopf ich mir doch trotzdem glatt mal eben selbst auf die Schulter. 🙂

True Colours

Aus dem Leben einer Einelterfamilie mit einem „behinderten“ Angehörigen:
Nachdem im Frühjahr die Notwendigkeit der gesetzlichen Betreuung neu begutachtet werden musste, stand nun die jährliche „Individuelle Hilfeplanung (IHP)“ an. Schließlich will nicht nur der Gesetzgeber wissen, ob mein Sohn eine Betreuung braucht, resp. ein „RECHT“ darauf hat, sondern auch der Landessozialhilfeträger möchte gern jährlich erneut wissen und differenziert beschrieben haben, welche Hilfen notwendig sind.
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Das ist auch sicherlich gut, denn es können sich Umstände, Gesundheitszustand und Bedingungen verändern. In Zeiten der Geldknappheit wäre es einem solchen Geldgeber natürlich lieber, es verbesserte sich vieles. So ein Träger will auch wissen, ob denn die Hilfe, die bisher finanziert wurde, auch wirklich noch nötig ist.
Wie gerne sagte ich: Das Chromosom ist flüchtig – und die Wirkungen sind auch verschwunden.
Menschen mit Down Syndrom altern erfahrungsgemäß „schneller“. Ergo gibt es auch die eine oder andere Einschränkung mehr als bei Gleichaltrigen. Es bedarf unglaublicher Aufmerksamkeit, um die Indizien dafür zu sehen, um die Signale zu erkennen und sie zu „deuten“.

Also wurde diese „IHP“ eine schwierige Geburt. Für mich auch eine Achterbahn der Gefühle. Es wühlt Erinnerungen auf. Fazit: Wir haben alle viel gelernt dabei – über meinen Sohn, über uns, über unsere Beziehungen innerhalb des Systems, unsere Sichtweisen. Danke dafür!
Inspiriert von den positiven Erkenntnissen und Erlebnissen bzgl. dieses Prozesses lasse ich stellvertretend mal John Legend zu Wort und Ton kommen: