Muttertag 2017 – Es gibt Wichtigeres!

Was wir uns wirklich wünschen! Aktion #muttertagswunsch

Ich selbst bin alleinerziehend. Inwzischen seit mehr als 30 jahren. Und immer habe ich mich mit der Steuerklasse 2 / 0.5  zufrieden gegeben, geben müssen. Habe den halben Kinderfreibetrag an den Vater überschreiben lassen. Der hat auch auf Anordnung eines Gerichtes bis vor Kurzem seinen Obulus an uns entrichtet. Um Missverständnissen vorzubeugen: Bei behinderten Kindern sind Väter auch schon mal lebenslang verpfichtet, ihren Teil beizutragen. (anderes Thema)

In den letzten Jahren könnte ich mich schreiend mit Plakaten auf die Straßen stellen und Mütter anflehen, nie ihre Ansprüche aufzugeben, um langfristig vor Altersarmut geschützt zu sein. Ich habe in jüngeren Jahren gedacht, ich schaffe das allein. Oder mir gedacht, dass ich eh nicht alt werde unter den Belastungen. Nun werde ich bald 60 – und der Rentenbescheid vespricht mir sehr wenig „Return of invest“. Sehr, sehr, sehr wenig.

Unlängst habe ich mit der Rentenkasse telefoniert, da ich einen Antrag auf den „Pflegepunkt“ stellen wollte. Wollte wissen, wie ich das genau machen muss. Erst erklärte sie mir, dass ich nachweisen müsse, dass ich zehn Jahre lang mein Kind gepflegt habe. Kein Problem. Dann hielt sie inne. Oh, sagte sie, ich sehe gerade, dass Sie ja gearbeitet haben in den Jahren.   Ja, sage ich, wie sonst hätte ich mit dem Kind leben sollen?  Ich habe beides gestemmt, Pflege und Erwerbstätigkeit.       Ja, nee, das geht doch gar nicht, entgegnete sie. Zumindest nicht für sie. Sowas sehe die Rentenversicherung gar nicht vor. Keine Chance.  Ende des Gespräches.

Erwische mich immer wieder dabei, mir selbst Vorwürfe zu machen, mich selbst zu fragen: Wie blöd warst Du eigentlich?  Heute weiß ich: Ich nähme den Vater mehr in die Pflicht. Geld ist zwar nicht alles. Aber ohne (genug) Geld …….

So eine Steuerklasse 3 hätte mir sehr weiter geholfen. Und das könnte sie auch jetzt noch! Muss schließlich arbeiten, bis ich sterbe. Und sie kann all den Müttern helfen, die jetzt den Lebensunterhalt für sich und ihre Kinder (mit)sichern.

Deshalb: Bitte teilt das!

Familiy unplugged

„Die Idee hatte Mutterseelesonnig www.mutterseelesonnig.wordpress.com, wir haben sie verbreitet und nun nimmt sie auch www.mama-arbeitet.de auf. Unter #muttertagswunsch sammeln sich  seit einigen Tagen Eure echten Wünsche zum Muttertag. Jetzt soll eine richtig große Aktion daraus werden: Schreibt drauf los, was Ihr statt Blumen, selbst Gebasteltem oder Frühstück ans Bett wirklich zum Muttertag (oder Vatertag) gebrauchen könnt.

Wir wünschen uns zum Beispiel, dass Eltern-sein nicht weiter zum Armutsrisiko für so viele wird, sondern auch bei der Rente endlich mit mehr Rentenpunkten berücksichtigt wird.

Macht mit, damit wir ganz viele Stimmen von Eltern zusammen bekommen und damit der Aktion Schlagkraft verleihen.

Und übrigens: Der Muttertag ist keine Erfindung der Nazis, auch wenn sie den Tag instrumentalisiert haben. Eigentlich stecken zwei Amerikanerinnen dahinter: Eine von Ihnen Ann Maria Reeves Jarvis (1832 – 1905), hat das erklärte Ziel Arbeiterfamilien mit Medikamenten und Haushaltshilfen zu unterstützen und so gegen die hohe Kindersterblichkeit zu kämpfen. Ursprünglich ging es beim Muttertag also um aktive Unterstützung von Familien! Vielleicht ist das Jahr 2016 der richtige Zeitpunkt, um an diese Ursprünge zu erinnern?

Das letzte Wort hat wie bei mama arbeitet auch bei uns Mutterseelesonnig:

„Das geht doch ALLE an, die Mutter oder Vater sind! Und by the way: auf wikipedia steht ja, dass der Muttertag ganz ursprüglich aus der Frauenbewegung kommt. Dann wurde er von der Blumenindustrie benutzt, später von den Nazis. Wir bringen ihn jetzt zu seinem Ursprung zurück und stellen politische Forderungen. Und weil’s inzwischen auch den Vatertag gibt und weil Familie und Kinder keine Frauensache sind, sollen die Väter bitte auch mitmachen: Statt Blümchen + Bollerwagen!“

Also los: flutet am Vatertag (5. Mai) und Muttertag (8. Mai) das Netz auf facebook, twitter und wo Ihr Euch sonst noch rumtreibt, mit Euren Wünschen unter den Hashtags #muttertagswunsch und #vatertagswunsch. Dann sind wir sind nicht mehr zu übersehen.

Bedenke: „Das Mutti“ ist nur EINE Rolle als Frau! #muttertag

8.20 Uhr. Muttertag. Diesmal auf einem Flussschiff während der Anfahrt auf Wien. Allein werde ich wach – schon lange auch ohne Kindergeschrei. Sogar ohne Wecker.

Mein erster Gedanke heute wieder: Eine Karikatur aus der Brigitte von 1988. Den dazugehörigen Artikel „Das Mutti“  hatte ich damals aus dem Heft gerissen – und er hat es bis heute in den (tatsächlich noch physisch im Büro vorhandenen) Ordner „AKTUELLES“ geschafft. Immer wieder  ist er in diesen gewandert, weil er nie, wenn das auch erschreckend ist, veraltete. Bevor ich ihn aber abtippte,  gönnte ich mir einen Blick ins Netz. Und siehe da: Nicht nur mir war er all die Jahre wichtig geblieben. BRIGITTE weiß, was Frauen wünschen.  .-) Danke!

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“Das Mutti” von Fee Zschocke, erschienen 1988 in BRIGITTE:

Meine geheimnisvolle Verwandlung vollzog sich an einem ganz normalen Montag, nachmittags 17.45 Uhr MEZ, von einer Minute auf die andere. Aus der Spezies “Frau” (w., besondere Kennzeichen: leichtsinnig, fröhlich bis albern, sinnlich, kapriziös, attraktiv, witzig, mit einem Hang zum Luxus und zum schönen Phlegma) wurde die Gattung “das Mutti” (s., besondere Kennzeichen: bieder, belastbar, besorgt, ernsthaft, genügsam, nervös, 24 Stunden voll im Einsatz).

Das Mutti ist streng geschlechtsneutralund kommt überall auf der Welt vor; gehäuft auf Kinderspielplätzen. Zu erkennen ist das Mutti an seiner bellenden oder schrillen Tonlage: “Stefan! Sofort runter da, sonst setzt es was!!”, und an einem rastlosen Betätigungsdrang (bevorzugte Tätigkeiten: stricken, Rotz abwischen, backe-backe-Kuchen-machen, Mützen ab- und aufsetzen, Apfelsinen schälen, Fläschchen schütteln, Küsschen oder Knüffe verteilen). Sitzt das Mutti wider Erwarten mal ganz ruhig da, ist zumindest der Fuß in Bewegung: der schaukelt den Kinderwagen. Das Mutti tritt niemals allein auf, sondern ist stets rudelweise von seinen Jungen umgeben. Sind diese noch klein, trägt das Mutti sie in einer textilen Ausbuchtung vor Bauch und Rücken geschnallt (ähnlich dem australischen Känguruh, jedoch bewegt sich das Mutti nur selten hüpfend vorwärts). Wenn die Jungen größer sind und aufrecht gehen können, übt es geduldig die Tätigkeit des “Spazierenstehens” aus. Während das Mutti-Junge sich im Matsch suhlt, jedes Steinchen auf seine Verwendbarkeit untersucht, Grashalme frisst oder tiefsinnig sein Spiegelbild in Pfützen betrachtet, bleibt das Mutti einfach stehen. So verbringt es einen Großteil seiner Zeit, in Kälte und Nässe ausharrend, stumm, schicksalsergeben.

Mutti ist frau nicht von Geburt an, zum Mutti wird sie gemacht. Viele Frauen bezeichnen diesen Hergang als äußerst lustvoll; wahrscheinlich gibt es deshalb so viele Muttis in der Welt. Die wenigsten machen sich klar, was die Mutti-Metamorphose bedeutet. Auf jeden Fall ist es ein irreversibler Prozess: einmal Mutti – immer Mutti. Was sich auch darin ausdrückt, dass manche “Vatis” (m., besondere Kennzeichen: oft aushäusig, meist paschamäßig auf Draht und windelmäßig unerfahren, auch – oder gerade – nach der Geburt der Jungen unentwegt um die begehrenswertere Spezies “Frau” herumbalzend) es fortan neutral “Mutti” nennen. Für die Aufzucht (siehe auch “Sozialisation”) sind stets wir Muttis allein zuständig – eine Aufgabe, in der wir für den Rest unseres Lebens aufzugehen haben.

Durchdrungen von der existentiellen Wichtigkeit des Brutpflegetriebs, werden wir durch ständige Adrenalinausschüttung offensichtlich jahrelang zu Höchstleistungen angetrieben. Einem Mutti – und darin erweist sich die ausgesprochene Widerstandsfähigkeit dieser äußerlich schutzbedürftigen, innerlich aber erstaunlich zähen Gattung – macht es nichts aus, drei- bis viermal pro Nacht das warme Nest zu verlassen, um die brüllenden Jungen mit Nahrung zu versorgen. Ein Mutti ödet es nicht an, täglich den immergleichen Brei zu bereiten und den immergleichen Spielplatz mit den immergleichen Mit-Muttis aufzusuchen und dort die immergleichen Gespräche zu führen.

Wer sich als Artfremder mit uns Muttis unterhalten will, fühlt sich binnen kurzem außen vor.Haben wir Muttis doch eine Art Geheim-Code entwickelt, mit dem wir uns mühelos untereinander verständigen: Da wimmelt es plötzlich von Worten wie Strampelpeterfixies, Paidi, Peaudoux oder Osh-Kosh, es gibt Duplos, den Snuggli, den Schniedelwutz oder den Pipi-Mann, die Tut-tut-Bahn, das Tatü-Tata und das Hoppe-Hoppe; da schwirren so exotische Begriffe durch die Luft wie “Apgar-Test”, “Phimose”, “Ur-Vertrauen”, “rechtsdrehender Joghurt” oder “Drei-Monats-Koliken” … Kurz: Besonders Jung-Muttis, die sich in ihrem früheren Dasein als Frau profiliert haben, indem sie ihr Abi mit “Eins” und ihr Examen mit “cum laude” gemacht haben, machen in der Regel eine seltsame intellektuelle Regression durch. Wie alle Muttis dieser Welt verfallen sie in eine Art frühkindlicher Stammel-Sprache, deren Hauptbestandteil das Diminutiv ist (“Will Dodolein jetzt Heia-Heia machen? Aber erst kriegt Dodolein noch ein Küssilein . . .”).

Die Mutti-Metamorphose ist in allen Bereichen des täglichen Lebens spürbar. Statt “Die Liebe in den Zeiten der Cholera” liest das Mutti jetzt “Die Häschenschule”, statt raffiniertem “Kaninchen in Senf-Sauce” bereitet es gesunden, salzlosen Blumenkohl, statt zu “Cabaret” geht es ins Kindertheater zu “Peterchens Mondfahrt”. Und beim Shopping halten wir Muttis nicht etwa nach einem getupften Ballon-Rock für uns, sondern nach einer strapazierfähigen Latzhose für das Jüngste Ausschau, genügsam, wie wir nun mal sind.

Am verblüffendsten aber ist die optische Verwandlung der Muttis. Knallenge Calvin-Klein-Jeans, spitzenbesetzte BH’s unter schimmernden Seidenblusen, verführerische Stöckel oder ausgeflippte 50er-Jahre-Klamotten – alles passé. Das Mutti, ewig mit Brei bekleckert und ewig in Zeitnot, hat sein farbenfrohes Kleid abgelegt, mit dem es einst Vati zur Balz aufforderte. Bequeme Jeans, Turnschuhe, ein weites Sweatshirt – so etwa sieht der Einheits-Look des mitteleuropäischen Mutti-Tiers aus. Verhaltensforscher sprechen inzwischen schon von einem deutlich ausgeprägten “Mimikry-Effekt”: Je grauer und eintöniger der Alltag des Muttis zwischen Küche-Kacke-Kindergarten ist, desto grauer und einfallsloser kleidet es sich.

Und Vati?Vati, der all das gewollt und verursacht hat? Vati schmollt. Er fühlt sich, zumindest im ersten Jahr, um all das betrogen, was ihm bis dahin lieb und teuer war: seine ungestörte Nachtruhe. Sein geregeltes Sexualleben. Seine spontanen, ausgedehnten Kneipen-Touren. Seine saubere, untadelig aufgeräumte Wohnung. Seine stets perfekt angezogene Vorzeige-Frau. Seine Vorrangstellung im Herzen derselben. Statt dessen sitzt er da mit diesem völlig fremden Wesen, dem Mutti, und leidet unter dem sogenannten “Baby-Schock” – Symptom: nächtliche Schweißausbrüche bei der ersten lautstarken Unmutsäußerung des Babys, ein heftiges, langanhaltendes Gefühl der Unzulänglichkeit dem Mutti gegenüber (“Was, zum Teufel, ist ‘teiladaptierte Milch’ …?”) und des Ausgeliefertseins, das oft klaustrophobische Züge annimmt (“Hier komm’ ich nie mehr raus, das geht jetzt zwanzig Jahre lang so weiter …”), nie gekannte seelische Wechselbäder von unbändigem Stolz bis zur ohnmächtigen Wut.

Unter dieser Schockeinwirkung – also im Stadium der Unzurechnungsfähigkeit – erliegen manche Väter gern der nächstbesten Versuchung, deren Name “Weib” ist, und trennen sich vom Mutti. Doch es nützt alles nichts. An einem x-beliebigen Mittwoch, um 13.34 Uhr, ist es mal wieder soweit: ein zarter Schrei – und aus einer “Frau” wird ein “Mutti” . . .

Quelle: http://www.brigitte.de/liebe-sex/kinder-familie/das-mutti-568027/

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„Frauen, die nichts fordern, werden beim Wort genommen. Sie bekommen nichts.“  Simone de Beauvoir

Einen schönen zweiten Sonntag im Mai wünsche ich.

8. März in Russland: Was Frauen wollen

Ich bin ja noch selten in meinem Leben an dem letzten Arbeitstag vor dem 8.März in Moskau durch die Straßen gelaufen. KEINE Frau ohne Blumen in der Hand! In der deutschen Presse fand ich heute online auch Artikel wie: „Wir lieben Floristik!“ Über den unsäglichen ZEIT Artikel „Was will das Weib?“ lasse ich mich lieber nicht aus. Es wird Zeit, keine Zeit mehr zu verschwenden, um die ZEIT zu solchen Themen zu „konsultieren“.
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Meine Russischlehrerin erzählte mir, dass ansich die russischen Frauen, die am 08.03.1917 zu Tausenden in St. Petersburg gegen Krieg und Hunger protestierten, die eigentlichen Revolutionärinnen des Landes waren.
Der Russische Frauentag, gefeiert am 8. März, hat nichts mehr mit einem Kampf um Gleichberechtigung, Arbeits- und Wahlrechte zu tun.
Der Weltfrauentag wird in Russland seit 1913 gefeiert. Als durch die Oktoberevolution 1917 laut Bolschewisten alle gleichberechtigt waren, „mussten“ die Frauen hier nicht mehr um Rechte aller Art kämpfen. Höre ich die eine oder andere Frau hier argumentieren, empfinden sie diese heute mitunter als Pflichten. rose 3
So entwickelte sich in Russland der urspünglich als Frauen-Kampftag gedachte 8.März zum arbeitsfreien Nationalfeiertag, einer Mischung aus Valentins- und Muttertag. Mit vielen Blumen und Liebeserklärungen stimmt frau sich hier auf den Frühling ein. Überall: In Büros, Schulen, Familien und natürlich auch unter vier Augen. Jungen überraschen ihre Mutter, Oma, Mitschülerin, und Männer ihre Ehefrau, Tochter, Arbeitskolleginnen mit einer Aufmerksamkeit. Blumen, immer nur in ungerader Zahl verschenkt, sind Pflicht. Wer nicht im Fettnapf stehen will, schenkt sie in weiß oder rot. Ansonsten lieben russische Frauen Parfum, Schmuck, Pralinen….. offensichtlich ändert sich daran laut Umfragen der letzten Jahre nichts.
Mastercard hat mal erhoben, was der russsische Mann trotz Finanzkrise so an Geld ausgibt, um die Frauen um sich herum zu beglücken. Der Moskauer zückte 2009 durchschnittlich um die 120 €, der St. Petersburger ungefähr 109 €.

Den Herren in Festanstellung wird hier nahegelegt, bitte für den letzten Arbeitstag vor diesem legendären Frauentag alle Damen in seinem Department zu bedenken. Die Gefahr, ansonsten in Ungnade zu verfallen, scheint groß. 🙂
Ja, in  Moskau erwarten die Damen eine Menge Tand und die Geschäftsleute freuen sich ein Loch in den Bauch und über volle Kassen.
Da dieser Tag in diesem Jahr auf einen Samstag fällt, wird der arbeitsfreie Tag am Montag dafür spendiert. Hier gibt es keine arbeitsgeberfreundlichen Feiertage. Fällt hier ein Feiertag auf einen Samstag oder einen Sonntag, wird der freie Tag in der folgenden oder in der laufenden Woche gewährt. Tja, so geht das auch. 🙂

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Was auch immer Ihr feiert oder feiern wollt!

Alles Gute zum 8. März, liebe Frauen!

 

Ein letzter Fund…..

Der ein oder andere Mensch aus meinem Bekanntenkreise könnte das kennen. 🙂

Und passt erschreckend gut zu dem, was ich hier gerade erlebe…. beste Grüße aus Moskau.

Bisher… am Abend vor dem Muttertag.

kaleko blog

Bedenke: „Das Mutti“ ist nur EINE Rolle als Frau!

8.20 Uhr. Muttertag. Allein zuhause werde ich wach – schon lange auch ohne Kindergeschrei. Sogar ohne Wecker.

Mein erster Gedanke heute: Eine Karikatur aus der Brigitte von 1988. Den dazugehörigen Artikel „Das Mutti“  hatte ich damals aus dem Heft gerissen – und er hat es bis heute in den (tatsächlich noch physisch im Büro vorhandenen) Ordner „AKTUELLES“ geschafft. Immer wieder  ist er in diesen gewandert, weil er nie, wenn das auch erschreckend ist, veraltete. Bevor ich ihn aber abtippte,  gönnte ich mir einen Blick ins Netz. Und siehe da: Nicht nur mir war er all die Jahre wichtig geblieben. BRIGITTE weiß, was Frauen wünschen.  .-) Danke!

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“Das Mutti” von Fee Zschocke, erschienen 1988 in BRIGITTE:

Meine geheimnisvolle Verwandlung vollzog sich an einem ganz normalen Montag, nachmittags 17.45 Uhr MEZ, von einer Minute auf die andere. Aus der Spezies “Frau” (w., besondere Kennzeichen: leichtsinnig, fröhlich bis albern, sinnlich, kapriziös, attraktiv, witzig, mit einem Hang zum Luxus und zum schönen Phlegma) wurde die Gattung “das Mutti” (s., besondere Kennzeichen: bieder, belastbar, besorgt, ernsthaft, genügsam, nervös, 24 Stunden voll im Einsatz).

Das Mutti ist streng geschlechtsneutral und kommt überall auf der Welt vor; gehäuft auf Kinderspielplätzen. Zu erkennen ist das Mutti an seiner bellenden oder schrillen Tonlage: “Stefan! Sofort runter da, sonst setzt es was!!”, und an einem rastlosen Betätigungsdrang (bevorzugte Tätigkeiten: stricken, Rotz abwischen, backe-backe-Kuchen-machen, Mützen ab- und aufsetzen, Apfelsinen schälen, Fläschchen schütteln, Küsschen oder Knüffe verteilen). Sitzt das Mutti wider Erwarten mal ganz ruhig da, ist zumindest der Fuß in Bewegung: der schaukelt den Kinderwagen. Das Mutti tritt niemals allein auf, sondern ist stets rudelweise von seinen Jungen umgeben. Sind diese noch klein, trägt das Mutti sie in einer textilen Ausbuchtung vor Bauch und Rücken geschnallt (ähnlich dem australischen Känguruh, jedoch bewegt sich das Mutti nur selten hüpfend vorwärts). Wenn die Jungen größer sind und aufrecht gehen können, übt es geduldig die Tätigkeit des “Spazierenstehens” aus. Während das Mutti-Junge sich im Matsch suhlt, jedes Steinchen auf seine Verwendbarkeit untersucht, Grashalme frisst oder tiefsinnig sein Spiegelbild in Pfützen betrachtet, bleibt das Mutti einfach stehen. So verbringt es einen Großteil seiner Zeit, in Kälte und Nässe ausharrend, stumm, schicksalsergeben.

Mutti ist frau nicht von Geburt an, zum Mutti wird sie gemacht. Viele Frauen bezeichnen diesen Hergang als äußerst lustvoll; wahrscheinlich gibt es deshalb so viele Muttis in der Welt. Die wenigsten machen sich klar, was die Mutti-Metamorphose bedeutet. Auf jeden Fall ist es ein irreversibler Prozess: einmal Mutti – immer Mutti. Was sich auch darin ausdrückt, dass manche “Vatis” (m., besondere Kennzeichen: oft aushäusig, meist paschamäßig auf Draht und windelmäßig unerfahren, auch – oder gerade – nach der Geburt der Jungen unentwegt um die begehrenswertere Spezies “Frau” herumbalzend) es fortan neutral “Mutti” nennen. Für die Aufzucht (siehe auch “Sozialisation”) sind stets wir Muttis allein zuständig – eine Aufgabe, in der wir für den Rest unseres Lebens aufzugehen haben.

Durchdrungen von der existentiellen Wichtigkeit des Brutpflegetriebs, werden wir durch ständige Adrenalinausschüttung offensichtlich jahrelang zu Höchstleistungen angetrieben. Einem Mutti – und darin erweist sich die ausgesprochene Widerstandsfähigkeit dieser äußerlich schutzbedürftigen, innerlich aber erstaunlich zähen Gattung – macht es nichts aus, drei- bis viermal pro Nacht das warme Nest zu verlassen, um die brüllenden Jungen mit Nahrung zu versorgen. Ein Mutti ödet es nicht an, täglich den immergleichen Brei zu bereiten und den immergleichen Spielplatz mit den immergleichen Mit-Muttis aufzusuchen und dort die immergleichen Gespräche zu führen.

Wer sich als Artfremder mit uns Muttis unterhalten will, fühlt sich binnen kurzem außen vor. Haben wir Muttis doch eine Art Geheim-Code entwickelt, mit dem wir uns mühelos untereinander verständigen: Da wimmelt es plötzlich von Worten wie Strampelpeterfixies, Paidi, Peaudoux oder Osh-Kosh, es gibt Duplos, den Snuggli, den Schniedelwutz oder den Pipi-Mann, die Tut-tut-Bahn, das Tatü-Tata und das Hoppe-Hoppe; da schwirren so exotische Begriffe durch die Luft wie “Apgar-Test”, “Phimose”, “Ur-Vertrauen”, “rechtsdrehender Joghurt” oder “Drei-Monats-Koliken” … Kurz: Besonders Jung-Muttis, die sich in ihrem früheren Dasein als Frau profiliert haben, indem sie ihr Abi mit “Eins” und ihr Examen mit “cum laude” gemacht haben, machen in der Regel eine seltsame intellektuelle Regression durch. Wie alle Muttis dieser Welt verfallen sie in eine Art frühkindlicher Stammel-Sprache, deren Hauptbestandteil das Diminutiv ist (“Will Dodolein jetzt Heia-Heia machen? Aber erst kriegt Dodolein noch ein Küssilein . . .”).

Die Mutti-Metamorphose ist in allen Bereichen des täglichen Lebens spürbar. Statt “Die Liebe in den Zeiten der Cholera” liest das Mutti jetzt “Die Häschenschule”, statt raffiniertem “Kaninchen in Senf-Sauce” bereitet es gesunden, salzlosen Blumenkohl, statt zu “Cabaret” geht es ins Kindertheater zu “Peterchens Mondfahrt”. Und beim Shopping halten wir Muttis nicht etwa nach einem getupften Ballon-Rock für uns, sondern nach einer strapazierfähigen Latzhose für das Jüngste Ausschau, genügsam, wie wir nun mal sind.

Am verblüffendsten aber ist die optische Verwandlung der Muttis. Knallenge Calvin-Klein-Jeans, spitzenbesetzte BH’s unter schimmernden Seidenblusen, verführerische Stöckel oder ausgeflippte 50er-Jahre-Klamotten – alles passé. Das Mutti, ewig mit Brei bekleckert und ewig in Zeitnot, hat sein farbenfrohes Kleid abgelegt, mit dem es einst Vati zur Balz aufforderte. Bequeme Jeans, Turnschuhe, ein weites Sweatshirt – so etwa sieht der Einheits-Look des mitteleuropäischen Mutti-Tiers aus. Verhaltensforscher sprechen inzwischen schon von einem deutlich ausgeprägten “Mimikry-Effekt”: Je grauer und eintöniger der Alltag des Muttis zwischen Küche-Kacke-Kindergarten ist, desto grauer und einfallsloser kleidet es sich.

Und Vati? Vati, der all das gewollt und verursacht hat? Vati schmollt. Er fühlt sich, zumindest im ersten Jahr, um all das betrogen, was ihm bis dahin lieb und teuer war: seine ungestörte Nachtruhe. Sein geregeltes Sexualleben. Seine spontanen, ausgedehnten Kneipen-Touren. Seine saubere, untadelig aufgeräumte Wohnung. Seine stets perfekt angezogene Vorzeige-Frau. Seine Vorrangstellung im Herzen derselben. Statt dessen sitzt er da mit diesem völlig fremden Wesen, dem Mutti, und leidet unter dem sogenannten “Baby-Schock” – Symptom: nächtliche Schweißausbrüche bei der ersten lautstarken Unmutsäußerung des Babys, ein heftiges, langanhaltendes Gefühl der Unzulänglichkeit dem Mutti gegenüber (“Was, zum Teufel, ist ‘teiladaptierte Milch’ …?”) und des Ausgeliefertseins, das oft klaustrophobische Züge annimmt (“Hier komm’ ich nie mehr raus, das geht jetzt zwanzig Jahre lang so weiter …”), nie gekannte seelische Wechselbäder von unbändigem Stolz bis zur ohnmächtigen Wut.

Unter dieser Schockeinwirkung – also im Stadium der Unzurechnungsfähigkeit – erliegen manche Väter gern der nächstbesten Versuchung, deren Name “Weib” ist, und trennen sich vom Mutti. Doch es nützt alles nichts. An einem x-beliebigen Mittwoch, um 13.34 Uhr, ist es mal wieder soweit: ein zarter Schrei – und aus einer “Frau” wird ein “Mutti” . . .

Quelle: http://www.brigitte.de/liebe-sex/kinder-familie/das-mutti-568027/

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„Frauen, die nichts fordern, werden beim Wort genommen. Sie bekommen nichts.“  Simone de Beauvoir

Einen schönen zweiten Sonntag im Mai wünsche ich.