
Wilhelm von Humboldt
Welcome to my Reality!
Ein gesunder Wechsel zwischen Aufgabe und geruhsamem Leben wäre mir am liebsten .-) Vielleicht aber ist ja auch das geruhsame Leben für den einen oder die andere eine Aufgabe. Vorstellen kann ich mir das schlecht. Das aber liegt wohl eher an mir 🙂
Sehnsucht – ein Begriff, ein Phänomen, mit dem ich in diesem Jahr häufig konfrontiert bin. Immer wieder kommt das Gespräch darauf. Ja, nach was eigentlich? Eine gute Frage. Dass mir gerade viel wirklich fehlt…… kann ich momentan nicht überzeugend behaupten. Es gibt da diese namenlose Sehnsucht. Weniger bestimmt als ein Wunsch. Ein breiteres Gefühl aber. Umfassender und gleichzeitig konkreter als eine Hoffnung. Es ist die Sehnsucht nach dem, was ich mir in den letzten knapp vierzig Jahren beruflich erkämpft und gepflegt habe. Selbstbestimmtheit. Beweglichkeit. Maximale Bewegungsfreiheit. Und mit Corona ändert sich das gerade.
Besser gesagt: Mit den Wirkungen von Corona.
Bezahlte Aufträge fehlen mir. Es ist nicht so, dass es nichts zu tun gäbe: Die ersten Monate habe ich damit verbracht, Vorträge zu schaffen. Ich wusste ja, dass ich mit den fertigen Präsentationen auf die Schiffe gehen sollte – um entlang Norwegens Westküste Polarlichter zu „jagen“. Und später im Sommer die Destinationen zu erklettern, erwandern, erfahren. Dass ich meine geliebte Donau entlang hätte schippern sollen, dürfen. Und auch der Rhein wäre in diesem Jahr mal dran gewesen. Das am liebsten natürlich: gesund. Und eine tiefe Sehnsucht von mir: sorgenfrei. Sorgenarm reichte mir schon.
Die Vorträge werden leider nicht gebraucht. Anders als im letzten Jahr. Deshalb gibt es die eine oder andere Hilfe vom Staat. Überraschungen durch kurzsichtige Planungen staatsseitig inbegriffen. 🙂
Jetzt ist die Zeit dunkel. Der Tag kurz. Der Boden noch von goldenen Blättern verklebt. (Wenn ihn nicht mit Laubbläsern Bewaffnete dieser Pracht berauben.)
Gesund bin ich: soweit ich das selbst beurteilen kann. Ganz sorgenfrei natürlich nicht. Und das wird sich irgendwann legen. Habe ich beschlossen. 🙂
Für mich ist die Sehnsucht wohl etwas, was, kaum ist sie gefühlt, bemerkt oder benannt, mich wie eine Kompassnadel auf die Zukunft ausrichtet. Immer wieder mich neu erfinden lässt. Immer wieder mit anderen Teilen von mir in Kontakt bringt.
Wie eng sie mit Erwartungen verbunden sind zeigt sich, wenn aus der Hoffnung ein Wunsch wird – der ggf. auch nicht erfüllt wird. Ein dynamisches Geschehen eben. Und ich kann lernen, welche Erwartungen ich an andere hege, um zu realisieren, was für Pläne entstehen – aus der Sehnsucht, den Hoffnungen, den Wünschen. Eine Erkenntnis gibt es schon: Wenn ich andere brauche, um was zu verwirklichen, schrumpft ein Wunsch schnell. Hingegen bin ich zutiefst dankbar, wenn sich Unvermeidbares dank anderer leichter erledigen lässt. Ich fühle mich wirklich reich beschenkt mit Freunden und Freundinnen, mit denen gelingt, was sich sonst schwer oder schwierig anfühlt.
Spannend! Wirklich erhellend. Selten so viel Zeit gehabt, das zu reflektieren. 🙂
Und lausche derweil:
Heute habe ich mal auf den Link geklickt, der mir die Fragen versprach, die in einem Vorstellungsgespräch heutzutage gestellt werden. Und auf die ich im Falle eines Falles vorbereitet sein müsse. Das war fast so schön wie die Einladung :“Werde Transformationscoach und verdiene sechs – bis siebenstellig!“ Man werde mich sicher fragen: „Wo sehen Sie sich in fünf Jahren.“ Ach echt? Na, die Antwort kenne ich: Wenn ich nicht gestorben bin…… hoffentlich IN RENTE!
Und dann die sinnigste aller Fragen, die ich bislang gehört habe – und das meine ich tatsächlich ernst, das mit der sinnigsten aller Vorstellunsggesprächfragen: „Was haben Sie zuletzt gelernt?“ Die Antwort wüsste ich jetzt noch nicht zu beantworten. Ich lerne ja schließlich jeden Tag dazu. Momentan sogar – behaupte ich – lerne ich noch mehr als sonst. Über Menschen. Über Politiker:innen. Über Haltungen. Über Freundschaften. Über Auftraggeber. Über Kooperationsbereitschaft. Über Werte – die meinen wie andere. Und überhaupt…
In solchen Momenten kommt mir dann Ina Müller zur Hilfe. Mit ihren Texten, ihren Harmonien, ihren Melodien. Danke dafür. Herzlichst.
Danke, liebe Ina Müller. Mal wieder singst Du mir aus tiefster Seele. Was für Bilder!!!!!!! Was für ein Hommage an die Liebe und ihre Wirkungen in Hamburg!!!!
Vielleicht treffen wir uns ja mal auf einem unserer Spaziergänge an der Elbe beim Möwen füttern mit Selbstmitleid. 🙂 DANKE!
„Du sagst, Du willst tun, was Dein Herz Dir sagt. Dann hör doch gefälligst auch zu!“ 🙂
Reaktanz – was für ein Begriff. Alltagstauglich erschien er mir nicht, als ich den Titel las. Doch weiß ich um das wundersame Formulieren der Carmen Thomas. Deshalb begann ich zu lesen. Um gleich in ihrem ersten Kapitel darüber aufgeklärt zu werden, dass sie Zweifel hegte wie ich. Auch sie fand den Begriff nicht gerade „sexy“. Und das Wort „Blindwiderstand“ als Erklärung auch nicht besser! Damit war meine Reaktanz schon mal gesenkt. Schmunzelnd folgte ich ihr durch ihre Erlebnisse in Konferenzen, Sendungen und Seminaren. Anhand derer erklärt sie die Wirkweisen der Blindwiderstände; dieser Blockierer und Verhinderer respektvoller Kommunikation. Vor allem, wenn sie uns nicht bewusst sind. Das bot mir Identifikationsgelegenheiten. Ihr Umgang mit dieser Art Widerständen ermutigt und ermächtigt. Sie findet neue Worte für alte Phänomene. Sie nutzt, was da ist. Reflektiert, was gescheitert scheint. Kopiert um zu kapieren. Empfiehlt die Freiheit der Fehlerfreundlichkeit. Plädiert umzunutzen statt runterzuputzen, macht aus allem das Beste.
Jedes Kapitel ist ein Erlebnis. Vieles zum Ausprobieren abseits der üblichen Interventionen. Humor, Aha Erlebnisse und Tiefgang inbegriffen.
In den letzten Monaten bin ich verstärkt mit den Gedanken bei dem Thema Resilienz. Ja, es stimmt, ich habe eine Weiterbildung zur Resilienzberaterin gemacht, darf mich jetzt so nennen. Und ich bin Teil einer Gruppe bei Linked IN, die sich austauscht zu dem Thema.
Mich beschäftigt zunehmend die Frage, was genau Resilienz eigentlich ist. Es forschen ganz viele daran. Und je häufiger ich vernehme, dass Menschen kolportieren zu wissen, was genau das sei, worauf sie fuße, bekomme ich das Bedürfnis, genauer zu betrachten, was genau für mich persönlich Resilienz bedeutet. Wieso es mir leicht auf der Zunge liegt, dieses Wort. Und ich es auch häufig mit einem Schmunzeln benutze. Zumal es zu einem Schlüsselwort in der Personalentwicklung geworden ist. Als Geheimrezept gehandelt wird. Sogar der Journalismus nutzt es aktuell im Zuge der Diskussion um qualitativ hochwertigen Journalismus als zu bezahlenden Inhalt. Ich kenne es auch aus dem Englischen, dem Amerikanischen. Dort wird es auch genutzt, um zu beschreiben, wie etwas nach Belastung wieder in seine Urspungsform zurückspringt. Eine gewisse Art von Elastizität.
Da ist es wieder. Das Schmunzeln. Weil mir eine Anekdote von einer Kanutour 1987 einfällt. Wir waren in Dänemark mit Kanus unterwegs. Klamotten und Lebensmittel in Säcken verstaut, auf denen wir teilweise auch saßen, während wir die Paddel betätigten. Im Gepäck war auch dänisches Weißbrot. Als wir zur Mahlzeit das Brot auspackten, war es platt wie eine Briefmarke. Und genau eine Minute nach seiner „Befreiung“ hatte es seine Ursprungsform wieder. Hatte sich wieder „aufgeblasen“. Zu unserer Erheiterung. Von da an haben wir immer wieder über die „Anpassunsgfähigkeit“ dieses Mehlproduktes gelacht und genauso gestaunt. Geradezu eine Qualität. 🙂 Für Kanufahrer mit Platzproblem. 🙂
Im übertragenen Sinne könnte es bedeuten, dass Menschen sich vorübergehend durch Druck verformen lassen könnten, und sich – kaum ist der Druck verschwunden – wieder frei „aufblasen“. Eine geradezu elastische Seele haben könnten sie. An dem Punkt erinnere ich mich mit an Anfragen, die auf eine Beratung zwecks Stärkung der menschlichen Resilienz hinzielten. Hätten Menschen sich selbst oder Arbeitgeber:innen ihre Mitarbeiter:innen gerne resilienter? Damit sie unter dem Druck – dem vielschichtigen – nicht kaputt gehen? Mehr leisten können? Ängste kompensieren? Leben retten? Überleben sichern?
Ich habe viel gehört, gelesen, erlebt und gesehen im Laufe der über dreißig Jahre, die ich als Therapeutin, Erwachsenenbildnerin, Pädagogin, Counselor und vor allem als Journalistin unterwegs bin. Auch als Mutter und berufstätige Frau – als Freischaffende und als Festangestellte.
Wenn Frauen in der Rückschau über die Wirkungen ihres Burn Outs schreiben, betiteln sie es nicht selten als eine Art „sprituelles Erwachen“. Und aus ihrem Munde, aus ihrer Feder klingt das echt, wahrhaftig. UND: es ist alles andere als eine ausschließlich intellektuelle Arbeit. Eher klingt das Beschriebene nach einem emotional arbeitsreichen Prozess der Selbstzuwendung. Nach einer Art Entdeckung der eigenen Kräfte und der eigenen (auch nützlichen) Abwehr. Einer Forschungsreise durch oder entlang der Wurzeln des Lebens. Nicht nur entlang der eigenen.
Kleiner Exkurs: Mich wundert manchmal, dass Stammbaumdarstellungen ÜBER der Erde beginnen.
Spaziergang am Dieksee. Noch bevor es dunkel wurde, lief ich entlang der Bahnschienen zum Wildgehege. Wie jedesmal sah ich das Schild:
Diesmal habe ich es fotografiert. Und bin den Weg zwischen den nun spätherbstlich entlaubten Bäumen sehr bewusst gegangen. Und zum ersten Mal – und ich gehe diesen Weg seit fast fünfzehn Jahren regelmäßig – habe ich wahrgenommen, WIE dort die Bäume am Hang stehen. Und weil sie genau so da am Hang stehen, präsentiert sich mir ihr Wurzelwerk. Nicht alles – aber doch beachtliche Mengen.
Kombiniert hatte ich es bislang nicht. Doch einige Impulse der letzten Tage und Wochen haben meinen Blick mal wieder auf systemische Aufstellungen gerichtet. Dieses mächtige Instrument, um z.B. Familienaufträgen auf die Spur zu kommen. Und so brachte ich das erste Mal diesen speziellen Fußweg „Zur Quelle der gebrochenen Herzen“ und die sichtbaren Wurzeln dieser ehrwürdigen Bäume zusammen. Für mich fühlte es sich plötzlich wie ein Sinnbild an. Ein sicheres Zeichen dafür, dass es möglich ist, sich die eigene Geschichte anzuschauen, ohne an Stabilität zu verlieren. Sich sich seiner selbst, seines Selbsts, zu versichern. Daraus zu schöpfen. Zu entdecken, welche Wetter, welche Krisen, welche Einflüsse schon überstanden sind. Bewältigt oder genutzt. Welche Narben hinterlassen, welche für neue Triebe gesorgt haben. Was sich rund um die Wurzel herum ansiedelt, sie nutzt. Was zwischen ihnen lebt. Und vergeht.
Und wenn dann der Weg geschafft ist bis zur Quelle – dann ist es wie eine Belohnung. Es geht die Mär, dass, wer aus ihr trinkt, geschützt sei vor Kummer und Einsamkeit.
Wenn ich sinniere über „Resilienz“, dann kommt mir wieder der Begriff und das Phänomen „Prozess“. Was, wenn das , was ich zu „Resilienz“ denke, eher der morphologischen Sichtweise entspricht. Wenn es sich immer weiter entwickelt. Nie in den alten Zustand zurückgeht. Sich zwar Erlerntem bedient, aber darauf bauend nach vorne strebt oder nach oben oder in die Breite und die Tiefe? Vorhandenes trainiert via neuer Zutaten, Bedingungen, neuer „Infekte“? Wenn es nicht Elastizität ist, die angestrebt wird, oder Widerstandsfähigkeit. Sondern Resilienz so etwas ist wie das Immunsystem unserer persönlichen Existenz? Der sozialen, physischen, spirituellen und psychischen Existenz?
Und vom Immunsystem – und darüber wird in diesen Zeit viel philosophiert – wissen wir, dass es sich immer wieder neu aufstellen muss. Die Frage bleibt: WIE kommt es dazu, sich neu aufzustellen? Wann „läuft das Fass über“? Wann ist der Schmerz so groß, dass wir uns kümmern?
Und wann sollten wir beginnen?
Ein Erfahrungswert: Trennung, Tod, Krankheit, Pleiten, Scheitern, Verluste vieler Art führen einen vor den Spiegel. Inzwischen weiß ich: Auch die Folgen von Finanzkrisen und Pandemien konfrontieren uns mit uns selbst. Oft in Begegnungen mit anderen Menschen. Dort erkennen wir unsere Wurzeln, unsere traumatischen Erfahrungen. Sogar die traumatischen Erfahrungen unserer Vorfahren. Das ist wirklich nicht nur Spaß. Das weiß ich wohl.
Für mich aber hat es sich gelohnt. Auch früh damit anzufangen.
Eines weiß ich ganz sicher: Es ist NIE zu spät dafür.
Ich bin sehr neugierig auf Eure Meinung dazu! Fühlt Euch eingeladen, dazu was zu schreiben.
Ich war 14 Jahre alt. Auf dem Hocker neben meinem Bett – einem von dreien im Zimmer des Klosterinternats – stand der Mister Hit. Babyboomer werden sich erinnern: Dieser Plattenspieler, in dessen durchsichtigem Deckel der Lautsprecher installiert war. Auf dem Plattenteller lag die Deep Purple in Rock LP. Und zu dem Original von „Child in Time“ habe ich mich ausgelassen. Wenn ich auch nicht schreien durfte – Luftgitarre, Headbanging und Tanzen ging. Vor allem, wenn ich allein war. Mich haben diese Sessions gerettet. Drei Töne angespielt, die erste Textzeile gesungen – und ich bin wieder von allen körperlichen und emotionalen Sensationen der Zeit ergriffen. Erinnerungen aller Art – Gerüche, Streits. Sehnsüchte, Gespräche, Hänseleien, empfundene Ungerechtigkeiten, die verbotene Zigarette auf dem Balkon (von der wir dachten, dass es keiner rieche /hahahaha), Trockenshampoo, der Scherenschnitt von Che Guevara an der Wand, Schlaghosen, Lügen, um mehr als zweimal für eine Stunde pro Woche aus dem Haus zu kommen, Lateinnachhilfe, erste politische Aktionen mit Amnesty International, Tanzstunden (ich musste den „Mann“ geben, da ja schon ausgewachsen war und sie wohl fürchteten, dass es keinen zwei Meter langen „Jungen“ gäbe)… Ich könnte jetzt noch ein lange Liste schreiben. Rückblickend waren es drei Jahre, in denen Mitschülerinnen und Nonnen, Lehrer und Erzieherinnen versuchten, mir beizubiegen, dass Mädchen sich anpassen mussten, um gemocht zu werden. Ich habe dort das erste Mal bewusst erlebt, was sozialer Druck bedeutet. Das ist nicht ohne…… das weiß ich. Bis heute. In vielerlei Hinsicht durfte ich da „dranfassen“ – ob als Pfarrestochter, ältere Schwester, körperlich großer Mensch, als Alleinerziehende, als Mutter eines behinderten Sohnes, als Protestantenkind im Kloster :-)….. Bis heute reagiere ich auf kollektive Misstrauenserklärungen allergisch, vor allem, wenn ich Teil einer Gruppe der Menschen bin, die beurteilt, verurteilt, denen etwas unterstellt wird.
Ich vermute, dass ich aus diesen Erfahrungen heraus die Berufe wählte (und auch abwählte), die ich bislang habe. Professionen, die es mir erlauben, Menschen dabei zu begleiten, einander zu verstehen, sich selbst zu verstehen – Bilder und Worte zu finden für das, was sie in der Welt, in sich und an sich (auch in der Begegnung mit anderen) entdecken.
Und jetzt – an diesem wunderbaren Novembertag, an dem die Sonne vom blauen Himmel aus ein Vielfarbenbraun rund um die Seen hier im hohen Norden erstrahlen lässt – gehe ich vor die Tür. Mich erden. Am Wasser. 🙂 Habt einen schönen Tag!
Eine Woche voller „letztes Mal vorm Lockdown“ liegt hinter mir. Eine Akquisefahrt – selbstverständlich allein mit dem Auto. Nein, die Öffis entere ich gerade nicht. Wunderschöne Landschaften habe ich durchquert auf dem Weg nach Berlin. Die Sonne bestrahlte die bunten Mischwälder entlang der A 24. Tausende von Kranichen flogen entweder gen Süden oder ruhten auf den Feldern ihrer Route. Es war wie eine Erholungsreise: Hin der aufgehenden Sonne entgegen. Zurück mit der aufgehenden Sonne im Nacken.
Dazwischen maskierte Begegnungen mit möglichen Kunden. Konstruktive Dialoge mit Menschen, die jetzt in Ruhe entscheiden können, ob und wenn dann was sie mit mir ab wann arbeiten möchten. Ganz in Ruhe: denn nun liegt da erst einmal dieser November vor uns. Für die meisten Menschen in meinem Bekanntenkreis ein ruhiger Monat – äußerlich vielleicht. Innerlich aufgebracht aber sind viele. Inclusive meiner Wenigkeit. Wie wir das nutzen? Das werden wir sehen. Bei mir häufen sich inzwischen fertige Vorträge für Schiffreisen, Qualifikationsnachweise für Fortbildungen, an denen ich in den letzten sieben Monaten teilgenommen habe. Nicht alle waren online. Und das war auch gut. Denn so ganz ohne berufliche Begegnungen wäre es schon happig gewesen. Nicht zu vergessen: Da liegen auch noch Pläne für Workshops, die ich nicht realisieren konnte, weil die reale Begegnung nur reguliert bis gar nicht möglich ist. Und Buchkonzepte.
Der Oktober ist/war bunt. Der November startet mit Allerheiligen. Heute erreichte mich ein Foto des Grabes unserer Eltern. Die Geschwister, die dichter dran wohnen, besuchen es regelmäßig. Ein bisschen verführt bin ich schon, an diesen früh dunklen Tagen zurückzuschauen. Mit meinen verstorbenen Freunden, meiner Mutter, meinem Vater, meiner Tante zu sprechen. Ein bisschen rückwärtsgewandt – vielleicht. UND: ich erlebe während der gedachten „Gespräche“ mit ihnen Nähe. Nähe aus alten Zeiten. Gefühle aus alten Zeiten. Gefühle, die ich zu dem hatte, was zwischen diesen Menschen und mir gewachsen und gewesen ist. Ich sitze häufiger in dem Sessel, den ich mir aus dem Haushalt meiner Mutter mitgenommen habe. Dauerhaft brennt ein Licht vor einem Bild von ihr. Inzwischen sehe ich es wieder länger. Weil die Tage so viel kürzer sind. Zudem wird es so viel schneller Abend seit der Zeitumstellung.
Also – nutze ich die gute Energie, die so entsteht, wenn ich mich mit meinen Wurzeln und den Menschen aus der Zeit befasse. Ohne Wurzeln keine Flügel…. hat mal jemand gesagt. Überzeugend. Mir nutzen meine Flügel. Und die hätte ich nicht ohne meine Vergangenheit. Dankbare Grüße an meine Ahnen. 🙂 Und an die, die das Ergebnis zu nutzen wissen. 🙂
Möge der November Euch gut tun. Genießt die Nebel. Das Licht. Die hellen Stunden. Und die dunklen. Nutzt sie. Have a good one!
… echte Begegnung.
Immer wieder ist die Frage: Wer soll mich sehen? Wen will ich sehen? Wie will ich wem begegnen? Und immer wieder kommt mir die Antwort: Ich will, wie Buber es beschreibt, dialogisch leben und lernen. Am liebsten so oft es eben geht. Auch und gerade in den und durch die Begegnungen, die meinen Alltag ausmachen. Denn am Ende sind sie tiefe Begegnungen mit mir selbst.
Unlängst fragte mich eine Coachee: Was soll ich denn tun, damit ich mich nicht mehr so aufrege und so provozieren lasse?
Was sie tun könnte, weiß ich nicht, wenn ich ehrlich bin. Doch eine Erfahrung kann ich teilen. Ich kann mich beobachten, aufmerksam betrachten, nach was oder wie mir zumute ist. Und wenn ich so richtig mit mir selbst zu tun kriegen will, dann wähle ich Begegnungen, die mich triggern. 🙂
Möchte ich mal eine Weile Ruhe vor mir oder mit mir selbst haben, tummele ich mich in sichereren Treffen oder Begegnungen. Oder bleibe eine Weile mit mir allein. 🙂 Das hat schon fast etwas Amüsantes. Denn es bedeutet, dass ich neugierig auf mich bin, dass ich meine Grenze kenne(n lernen mag), dass ich mir mitunter Ruhe gönne, dass ich mich mir selbst zuwende. In jedem Falle. „Nachbeeltern“ nennt das mein Kollege Wolfgang Roth. Selbstfürsorge nenne ich es. Und das kann eben auch mal bedeuten, dass ich meiner Seele Erholung gönne. Zumal ich zutiefst darauf vertraue, dass sich von selbst zeigt, was dran ist.
Das klingt, als hätte ich immer die Wahl. Das ist mitnichten so. Mitunter bin ich ungewollt und unvorbereitet mit mir konfrontiert. Und das mit Teilen, die ich so gar nicht an mir leiden kann. Davon könnte ich Lieder singen. Sehr gerne passiert das im Kontakt mit Behörden. Wenn mal wieder logisch nicht nachvollziehbare Briefe zwecks Kontrolle oder Rechenschaftslegung eintrudeln. Und je nachdem, wie ich darauf reagiere, kann ich dann orten, wie meine momentane Grundstimmung tatsächlich ist. Um was geht es eigentlich? Die Frage aller Fragen taucht dann auf.
Häufiger passiert dann etwas wie unlängst: Mein Sohn ruft an. Diesmal: „Mama, Corona macht mein Leben kaputt.“ Mmmmmhhh. Wie gut ich ihn verstehen konnte. „Sollen wir zusammen ein bisschen darauf schimpfen?“ habe ich ihn gefragt. Und es schien wie eine Erlaubnis für uns beide, uns gemeinsam der Ohnmacht mal hinzugeben, die dieses Geschehen auslöst. Da er in einer Behinderten WG lebt, ist das mit den Besuchen nicht so einfach. Wir sprechen regelmäßig, strapazieren unsere Datenvolumen durch Videochats und Musik, die wir uns schicken. Und schaffen es, uns immer wieder zu gewähren, Gefühlschwankungen zuzulassen. Und sie miteinander auszuhalten. Ein wirkliches Geschenk. Nicht selten nach solchen Momenten kommt dann noch eine Nachricht. „Mir geht es besser. Die Sonne scheint.“
Ja, es gibt viel zu entdecken. Auch wenn viele es als Wettbewerb in Sachen Selbstoptimierung verstehen: Ich empfinde diese Erfahrungen als Geschenk. Eines, durch das sich was ändert, wenn wir mutig genug sind, es zu wagen. Dankbarkeit, Respekt, Güte, Demut, Humor….. sind nur einige der Begriffe für die Zutaten des Elixiers, das entsteht. DANKE!
Um eine Antwort auf die Frage zu finden, wer gerade wie für was wessen Leben riskiert, braucht es Zeit. Entspannte Zeit. Entspannende Zeit und Muße. Möge sie Euch gelingen. Die Entspannung, die Zeit, die Muße und die Antwort.
Heute bekam ich eine CD geschickt. Schon der Name des Pianisten, der darauf zu finden war, hätte mir Signal sein sollen für etwas Überwältigendes. Wie kann ein Mensch SOOOOOOOO die Tasten anschlagen und eine so unverschämt gründliche, heilsame und klangvolle Resonanz in mir erzeugen? Oder sollte ich anders fragen? Welche (Resonanz) Räume in mir habe ich noch oder schon so lange nicht betreten, dass mich das heute sooo rührt? Oder ist es gar der Absender? Unsere Geschichte? Wer weiß das schon. Ich bin auf jeden Fall sehr, sehr, sehr dankbar für diese klangliche Brücke durch Raum und Zeit.
Mir freundlicher Genehmigung von Sybille Hamann reblogge ich diesen Artikel. DEN sollten alle lesen, die gerade Kinder in dem Alter haben, in dem das Thema Schule und Schule zur „Exklusion“ führen könnte. Ganz schleichend. Einfach so.
Ein Spiegel. Vor allem für eine tiefe Verunsicherung zum Thema Inklusion.
Inklusion ist nicht nur Sache der Politik. Jede und jeder trägt dazu bei, WIE sie stattfindet.
Danke an Sybille Hamann.
„Versagt man seinem Kind etwas, in dieser Umgebung? Betoniert man seine Kreativität, hindert man es daran, sich zu entfalten? Früher hätte ich das befürchtet. Heute nicht mehr. Ich weiß nämlich, offen gesagt, immer weniger, worauf es in der Schule ankommt. Welche Erfahrungen wertvoll sind, welche weniger. Ich kann bloß zuschauen, was mein Sohn lernt. Er lernt zum Beispiel, dass Kinder, die anders ausschauen und anders aufwachsen, genau gleich empfinden können wie er. Mit Yasemin, einem pummeligen türkischen Mädchen, teilte er seine panische Angst vor dem Eislaufen; gemeinsam haben sie die überwunden, seither verbindet die beiden etwas. Er erfährt, dass manche Familien auf vierzig Quadratmetern leben, und es welche gibt, die gar kein Zuhause haben. Neben ihm sitzt Ruslan, ein Flüchtling aus Tschetschenien, manche Kinder lassen Ruslan nicht vom Jausenbrot abbeißen, weil er ganz schwarze Zähne hat, und unser Sohn hadert gerade damit, auf welche Seite er sich in solchen Momenten schlagen soll.“ mehr hier
http://www.sibyllehamann.com/2013/05/die-netten-ins-topfchen-die-fetten-ins-kropfchen/