Inclusive Mehrwert

„Heute ein behindertes Kind zur Ergo zuschicken, ist ja kein Stigma mehr. Heute müssen Kinder ja schon zur Therapie, wenn sie mit sieben Jahren noch keine chinesischen Schriftzeichen können. Irgendwas haben sie doch heute alle.“ Der Satz ist mir aus einem Gespräch gestern hängen geblieben. Erst habe ich gescherzt und geantwortet: “ Ach ich vergaß. Heute sind sie ja entweder hochbegabt, haben Asperger light oder ADHS!“  Mich hat das aber mehr beschäftigt, als ich dachte. Lauter kleine Einhörner. Mehrwert generieren. einhornAuch `ne Art von Inklusion. 🙂

In regelmäßigen Abständen ereilt mich das Bedürfnis, mal wieder mit Menschen zu sprechen, die sich an der Basis der „Inklusion“ tummeln. Die eine sagt, sie müsse, der andere darf, der nächste kann das nicht, weitere kennen viele Gründe, warum das nicht klappen kann. Einige verkneifen sich inzwischen jede Äußerung dazu, weil sie fürchten, von der „Sonderkommission: Poltisch korrekter Sprachgebrauch“ kontrolliert und sanktioniert zu werden. Eltern reiben sich auf an den Schulen, weil sie die Inklusion erzwingen wollen, Kinder werden zum Spielball einer politischen Entscheidung, Geld wird gekürzt für Betreuung, behinderte Kinder werden als „Beisitzer“ betitelt und behandelt. Lehrer bilden sich ein, sie seien nicht genug ausgebildet. Andere behaupten, das sei zu teuer. Es sind so viele in Aufruhr.

Das Ohnmachtsgefühl wird größer. Die Suche nach „Schuldigen“ verstärkt sich. Eltern definieren sich über die Behinderung ihrer Kinder, werden zu Profis in Sachen Pflege, wissen mehr als Sachbearbeiter, schreiben Kassenschlager, werden gefürchtet oder gefeiert. Ich persönlich bereite mich seit Jahren auf die Verhandlungen mit den Mitarbeitern und Verantwortlichen in Schulen, Behörden, Organisationen nach den Maßgaben von Matthias Schranners „Verhandeln im Grenzbereich“ vor. Der hat immerhin erfolgreich mit Geiselnehmern verhandelt. 🙂

Heute Morgen rutschte mir die Formulierung raus: „Ich komme mir gemeinsam mit meinem Sohn manchmal wie eine Verbrechen an dem deutschen Sozialsystem vor!“ „Das wollte ich Dir immer schon mal sagen. Gut, dass Du von selbst drauf kommst!!!“ antwortet die Freundin. Und wir brechen beide in schallendes Gelächter aus.

Mitunter schwebt mir vor, ein Kabarettprogramm dazu zu schreiben. Ich liebe die Freiheit, die sich die Künstler nehmen. Noch sind sie mein „Alter Ego“. Aber wer weiß. Ich bin ja noch jung!  🙂

Vor drei Tagen habe ich den Film „Wild Tales – Jeder dreht mal durch“ gesehen!!!!!!!  SEHR empfehlenswert, wenn sich mal wieder Ohnmacht breit macht und Rachephantasien gebraucht werden. Sch… was auf „political correctness“. Psychohygiene vom Feinsten.

Ich bedanke mich bei allen, mit denen ich ungestraft „off the record“ „frei Schnauze“  oder „Kladde“ reden kann und darf. Und mit denen ich lerne, mal RICHTIG sauer zu werden, anstatt mich zusammenzureißen.

Demographischer Wandel – Eine Idee?

Auf diesem Bild ist wunderbar zu erkennen, dass nicht jeder Pflegebedürftige alt sein muss, und nicht jeder alte Mensch im Rollstuhl sitzt.

Sollte ich das vielleicht mal an die schicken, die sich bei der Regierung mit den Themen Inklusion, Pflege und Betreuung zu befassen haben?????

 

Eine Idee für Deutschland?
Eine Idee für Deutschland?

Labels – Another life another me

Heute erreichte mich dieses Bild mit dem Kommentar:

„Ich dachte, das interessiert die Ulla!“ 🙂

Was mich unter dieser URL erwartete, hat mich sehr berührt.

Wenn Ihr Euch die  Zeit nehmen mögt…

Deeply impressed by this documentary: „Labels“

——————————————————————————————————–

„Labels“ was produced by the Art Video Studio in the framework of the project „Mobilizing the Disability Community to Speak out for the Rights of Persons with Mental Disabilities,“ implemented by the Russian Disability NGO Perspektiva, with support from the Open Society Institute. Financial support to produce, translate and subtitle the film was also provided by the UN Russia office. „Labels“ premiered in Moscow on October 18 to a crowd of nearly 600 people. It will also be screened in Moscow in November and December, 2011, at two prestigious documentary film festivals.

„Labels“ is a film about people who are on the edge of the Universe — persons with mental disabilities, who are ignored, insulted and even feared by many. Through poetry and the words of family members, viewers are drawn into the rich world of four individuals with disabilities and their families.

Viewers learn about the struggle of these families to enrich the lives of their children who have been rejected by the rest of the community. Most importantly, viewers learn about four individuals and their amazing abilities and desire to belong. Finally, this film presents us with a different way to look at people with mental disabilities that is unbiased and free from stereotypes and labels.

Some feedback after the premiere:
„The film lasted only 20 minutes, but I felt like I had spent a lifetime with its main characters. Films like this can move people to take action.“
„The authors managed to make a film that you want to watch over and over and show your friends, family and, most importantly, children. It’s amazingly optimistic.“
„I was so surprised by this film. There was no pity in it. Those last comments about the meaning of life left such an impression on me. Everyone will learn from and love this film.“

——————————————————————————————————–

Ich bin sehr froh, dass mein Sohn hier in Deutschland lebt. Immer wieder! Danke an alle, die daran mitwirken, dass er so eigenständig sein kann.

Tiefer Respekt und höchste Achtung für jeden Beteiligten an diesem Werk.

Bin gespannt auf Eure Reaktionen.

Der Fotograf des Fotos oben weiß auf jeden Fall, wie er mich „treffen“ kann. Danke, Henning!  .-)