Integration!?! Dazwischen ist am meisten Platz…

Gedanken von einer, die schon immer  außen, drüber, drunter, neben oder hinter war.

Trotz deutscher Staatsangehörigkeit war ich für meine Landsleute besonders im eigenen Land schon viel ZU:

Die Wünsche der Chefs painted by UK

Zu lang, zu alleinerziehend, zu aufmüpfig, zu wenig angepasst, zu berufstätig, zu schnell, zu genial, zu bunt, zu unabhängig, zu ungehorsam, zu groß, zu früh, zu kritisch, zu allein, zu klug, zu frech, zu ehrlich, zu Frau, zu…  was auch immer.

Als mein Sohn mit seiner Behinderung das Bild dann noch vervollständigte, erfand ich die Marke: Personifizierte Ansammlung von Randgruppen.

Lange kämpfe ich für „Integration“ – schon seit den Zeiten, in denen `man` darunter noch die „Gemeinsame Erziehung Behinderter und Nicht Behinderter“ verstand.  Ein wenig sprachpingelig empfand ich den Begriff immer schwierig. Integrieren muss ich nur, was ich zuvor aussonderte. „Teil des Ganzen zu sein“ wäre meine Wahl gewesen. Oder „Inklusion“. Am Besten gar nicht drüber reden – einfach SEIN. Dazu musste erst mal die UN- Menschenrechtskonvention verordnen, dass man sich ihren Regularien widme.

Irgendwann habe ich mir eingestanden, dass ich damit auch versucht habe, selbst „Teil des Ganzen zu werden“, meinen unauffälligen Platz in dieser Gesellschaft zu finden, wollte auch mal „normal“ sein. Bis ich feststellte, dass dieses „Normal-Sein“ oft unglücklich stimmt, abhängig macht. Die Menschen  sind verführt, ihre Nerven und Bankkonten bis zum Anschlag und darüber hinaus dafür zu belasten, dass sie „gut“ dastehen. Ihre Moral belasten sie anscheinend auch ( siehe Plagiatsaffären). Ich wollte aber nicht stehen, nicht im Garten nach vierblättrigen Kleeblättern suchen, währendessen evtl. verpassen, wenn Gelegenheiten und Chancen an die Tür klopfen. (um Herrn Chrysler zu zitieren) Und ich traf  in den Kontexten sehr viele Menschen, die sich selbst nicht leiden können und nicht mögen, was sie tun.  Sie buhlen um Anerkennung von Kollegen oder Chef, bangen um ihre Jobs, beherrschen und nutzen das jeweilige „Bull Shit Bingo“ – aber beim ersten Funken Leben kapitulieren sie.

Und nach dem X-ten Versuch, mich zu „normalisieren“, mich selbst in eine Schublade zu stecken, mich selbst meiner gefühlten Freiheit zu berauben, habe ich mich auch beruflich (wieder) selbstständig gemacht. Endlich!!!

Wenn ich sehe, wer sich heute diesen Themen wie „Integration“ und „Inklusion“ widmet: Dann sind es doch Organisationen, deren Personalverantwortliche und Führungskräfte nicht einmal Diversität in den eigenen Reihen dulden,  (h)aushalten oder sie gar nutzen könnten oder wollten. Naja: Vielleicht suchen diese ja nur eine Daseinsberechtigung. Problembeschaffungsmaßnahmen: Damit sie alle wichtig bleiben.

Zwischen all den Grenzen, die ich sah, erlebte, setz(t)e,  die „andere“ so zogen, entstand dann ein Profil, was mir gefiel. Wie ein Bild von Wilhelm Busch gemalt – zeichnete  und zeigte sich meine Existenz. Die entdecken zu können, habe ich meinen Wurzeln, meinem Sohn und all den Auseinandersetzungen mit Menschen zu verdanken, die mich gern kleiner oder anders oder gehorsamer oder auch klüger oder flexibler gehabt hätten.

Danke! 🙂 Das hat mich stark und beweglich gemacht.

Und ebenso dankbar bin ich den Menschen verbunden, die heute meinen Blick von außen, oben, unten, hinten, durch sie hindurch manchmal, zu schätzen wissen, meine Ideen  und Begleitung honorieren. Sogar bezahlen. 🙂

DAZWISCHEN ist am meisten Platz. 🙂

8 Antworten auf “Integration!?! Dazwischen ist am meisten Platz…”

  1. Ein starker, wahrer Text, den ich unterschreiben kann. Es braucht aber die unangepassten Freidenker/innen, die einen kritischen Geist leben. Unsere Gesellschaft segelt in eine falsche Richtung, ordnet alles dem schnöden Mammon unter und verliert dadurch Lebensqualität. Beim Lesen kamen mir 2 Zitate von Kurt Marti, ref. Pfarrer und Schriftsteller in den Sinn;

    “ Denken, man weiß es, braucht Zeit. Zeit aber ist – heute jedenfalls – Geld. Also braucht Denken Geld. Doch will das Geld nicht, daß gedacht wird. “
    “ Gefragt sind ›Macher‹. Wer sich einmal den Ruf als solcher erwerben konnte, hat alle Chancen aufzusteigen in den Kreis jener obersten Macher, die gar nichts machen. “
    Grüess Ernst

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  2. Hat dies auf Ulla Keienburg s Blog rebloggt und kommentierte:

    Wenn ich so lange unterwegs war und mich dann wieder mit den vorherrschenden Alltagsmeinungen zu den Themen „Inklusion., Integration etc.“ befasse…… richte ich mitunter den Blick zum Himmel und frage: LIeber Gott, willst Du mich prüfen?“ Aus aktuellem Anlass also noch mal….:

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  3. Ein höchst lesenswerter, kluger, sensibler, gescheiter, differenzierter, mutmachender und sympathischer Artikel. Vielen Dank, liebe Ulla. Schön, dass es Dich gibt und Du bei uns im GnBK bist.

    LG, die Social Secretary

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  4. Sehr schön formuliert, dein Text… ich selbst finde mich in ganz vielen deiner Worte auch wieder 😉

    LG aus Norwegen

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  5. DANKE für diesen Text:-)))

    Zitat: »Sie buhlen um Anerkennung von Kollegen oder Chef, bangen um ihre Jobs, beherrschen und nutzen das jeweilige „Bull Shit Bingo“ – aber beim ersten Funken Leben kapitulieren sie…« Genau das ist es. Klingt leider sehr, sehr vertraut. In diesem Zusammenhang entdeckte ich (in dem Drang, dieses irrwitzig-destruktive Verhalten verstehen zu wollen) das Themengebiet des strukturellen Narzissmuss’ vs. personeller Narzissmus. Stichwort toxische Beziehungen…

    Fakt ist: Wir leben in einer Psychokratie – nur dass es eben nicht jeder gleich stark spürt. Das hierzulande etablierte Hierarchiedenken funktioniert nach dem Peter-Prinzip (unqualifizierte Führungskräfte, Orientierung nach unten, Qualitätsabstriche zugunsten des kleinsten gemeinsamen Nenners, bewusste Sabotage herausragender Leistungen anderer, um die eigene Unfähigkeit und Fehlerquopte zu kaschieren etc.)

    Wer zu feinfühlig, zu wachsam, zu inspiriert, zu offen, zu ehrlich, zu genial, zu schöpferisch, zu interdisziplinär oder einfach zu unzu ist (Kalauer beabsichtigt), kann es nicht aussitzen, sondern muss Konsequenzen ziehen und sich aus diesen Seelenbrecher-Konstrukten entfernen. Aus reinem Selbstschutz. q.e.d.

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